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— der im Gegensatz zu JELLINEK für eine Verantwortlichkeit des
Ministers auf legislativem Gebiete plädiert —- hier von einer „Tei-
lung“ der Verantwortlichkeit zwischen Parlament und Minister
spricht”. Das Parlament ist ja überhaupt gar nicht für seine Be-
schlüsse verantwortlich — und kann gesetzestechnisch gar nicht
verantwortlich gemacht werden. Wenn man den Minister ver-
pflichtet, fehlerhafte Beschlüsse des Parlamentes, falls sie sank-
tioniert werden, nicht zu kontrasignieren, so macht man ihn im
selben Sinne „für“ das Parlament, d. h. an Stelle des Parlamentes
verantwortlich, wie man ihn „für“ den unverantwortlichen Mon-
archen verantworlich macht, indem man ihn verpflichtet, fehler-
hafte Akte des Monarchen nicht zu kontrasignieren.
Eine solche Verantwortlichkeit des Ministers für Akte des
Parlamentes bedeutet natürlich, daß man dem Minister eine Kon-
trolle über das Parlament einräumt. Und da kann es dann schließ-
lich fraglich sein, ob eine. Verantwortlichkeit für das Parlament
vernünftigerweise als Verantwortlichkeit dem Parlamente gegen-
über bestehen bleiben kann. Es kann doch keinen rechten Sinn
haben, dem Parlament die Möglichkeit zu geben, den Minister
wegen Fehler zur Verantwortung zu ziehen, die es selbst begangen
hat?®. Doch besteht diese Schwierigkeit nur zum Teil. Wo ein
5 A. a. 0. 8. 37.
4 Diese ungerechte Konsequenz, daß der Minister durch seine
Kontrasignatur ebendemselben Hause verantwortlich wird, dessen Beschluß
selbst der Fehler anhaftet, ist allerdings positiv-rechtlich nicht zu ver-
meiden, wenn man nach österr. Verfassung die Verantwortlichkeit des
kontrasignierenden Ministers auf das gesamte verfassungsmäßige Zustande-
kommen eines Gesetzes ausdehnt. Wenn HAUkE a. a. O. S. 105 be-
hauptet, es müsse „die Erhebung der Ministeranklage in solchen Fällen
außer acht bleiben, in welchen das verfassungswidrige Gesetz durch die
Beschlußfassung jener Faktoren ermöglicht worden ist, welche be-
rufen sind, die Ministerverantwortlichkeit geltend zu machen‘, wenn er
also die ministerielle Verantwortung wegen eines fehlerhaften Reichs-
gesetzes dem Reichsparlamente gegenüber als Ausnahme ablehnt, ob-
gleich er im allgemeinen die Verantwortlichkeit des Ministers für die Fehler-
losigkeit des Gesetzes als Regel behauptet, so müßte er für diese Aus-