Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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— der im Gegensatz zu JELLINEK für eine Verantwortlichkeit des 
Ministers auf legislativem Gebiete plädiert —- hier von einer „Tei- 
lung“ der Verantwortlichkeit zwischen Parlament und Minister 
spricht”. Das Parlament ist ja überhaupt gar nicht für seine Be- 
schlüsse verantwortlich — und kann gesetzestechnisch gar nicht 
verantwortlich gemacht werden. Wenn man den Minister ver- 
pflichtet, fehlerhafte Beschlüsse des Parlamentes, falls sie sank- 
tioniert werden, nicht zu kontrasignieren, so macht man ihn im 
selben Sinne „für“ das Parlament, d. h. an Stelle des Parlamentes 
verantwortlich, wie man ihn „für“ den unverantwortlichen Mon- 
archen verantworlich macht, indem man ihn verpflichtet, fehler- 
hafte Akte des Monarchen nicht zu kontrasignieren. 
Eine solche Verantwortlichkeit des Ministers für Akte des 
Parlamentes bedeutet natürlich, daß man dem Minister eine Kon- 
trolle über das Parlament einräumt. Und da kann es dann schließ- 
lich fraglich sein, ob eine. Verantwortlichkeit für das Parlament 
vernünftigerweise als Verantwortlichkeit dem Parlamente gegen- 
über bestehen bleiben kann. Es kann doch keinen rechten Sinn 
haben, dem Parlament die Möglichkeit zu geben, den Minister 
wegen Fehler zur Verantwortung zu ziehen, die es selbst begangen 
hat?®. Doch besteht diese Schwierigkeit nur zum Teil. Wo ein 
5 A. a. 0. 8. 37. 
4 Diese ungerechte Konsequenz, daß der Minister durch seine 
Kontrasignatur ebendemselben Hause verantwortlich wird, dessen Beschluß 
selbst der Fehler anhaftet, ist allerdings positiv-rechtlich nicht zu ver- 
meiden, wenn man nach österr. Verfassung die Verantwortlichkeit des 
kontrasignierenden Ministers auf das gesamte verfassungsmäßige Zustande- 
kommen eines Gesetzes ausdehnt. Wenn HAUkE a. a. O. S. 105 be- 
hauptet, es müsse „die Erhebung der Ministeranklage in solchen Fällen 
außer acht bleiben, in welchen das verfassungswidrige Gesetz durch die 
Beschlußfassung jener Faktoren ermöglicht worden ist, welche be- 
rufen sind, die Ministerverantwortlichkeit geltend zu machen‘, wenn er 
also die ministerielle Verantwortung wegen eines fehlerhaften Reichs- 
gesetzes dem Reichsparlamente gegenüber als Ausnahme ablehnt, ob- 
gleich er im allgemeinen die Verantwortlichkeit des Ministers für die Fehler- 
losigkeit des Gesetzes als Regel behauptet, so müßte er für diese Aus-
	        
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