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der Landtage beziehen, durch die Entziehung des richterlichen
Gesetzesprüfungsrechtes ihre spezifische rechtliche Geltung ge-
nomınen wird, daß der konstitutionell unlösbare Widerspruch von
Reichs- und Landesverfassung nur dadurch aufgehoben wird, daß
in der juristischen Konstruktion als normsetzende Auto-
ritäten nicht die konstitutionellen Gesetzgeber: Reichs- und
Landesparlament in Verbindung mit dem Monarehen in ihrer
Vielheit — sondern als einzige und darum einheitliche Autorität
der mit der Gesetzespublikation betraute Monarch, also ein ab-
soluter Gesetzgeber, erscheint. Möge dieses Endergebnis eben-
so beurteilt werden, wie es entwickelt wurde: rein juristisch und
ohne jenen politischen Nebengedanken, der sich nur allzuleicht
hier aufdrängen mag.
$ 12. Schlußwort.
Zwei Einwände sind es, die den Ergebnissen des ersten wie
des zweiten Teiles dieser auf die Erkenntnis des positiven
österreichischen Verfassungsrechtes gerichteten
Untersuehungen aus dem Geiste des heute üblichen juristischen
Denkens erwachsen werden; diese beiden Einwände entspringen
zwei fundamentalen Fehlern juristischer Methode, Fehler, auf die
sich freilich eine moderne Richtung nieht wenig zugute hält, so
recht eine arge Not zur Tugend machend. Gegen beide Irrtümer
wurde schon im Lauf dieser Untersuchungen Stellung genommen.
Doch bedarf es noch einer letzten, zusammenfassenden und prin-
zipiellen Abwehr.
Die beiden Gefahren, die der Methode einer aufrichtigen, auf
ihre natürlichen Grenzen beschränkten Erkenntnis positiven
Rechtes drohen, sind die: daß man seine Aussage über das, was
von positiven Rechtes wegen sein soll, beeinflussen und
trüben läßt, entweder von der Erkenntnis dessen, was tatsächlich
ist, oder von der Erkenntnis dessen, was von Sittlichkeits oder
Zweckmäßigkeits wegen sein soll. Beides, weil man vor der Größe