— 458 —
ordnung, zu legen und demzufolge von einem Ermächtigungs-
oder Delegationssystem zu sprechen.
Die Eigentümlichkeit der auf Grund dieses Systems entstan-
denen Geschäftsordnungen scheint darin zu bestehen, daß sie
die, die sie geschaffen, sich unterwerfen und nicht nur binden.
Sie sind nicht dem Statut des nicht rechtsfähigen Vereins ver-
gleichbar; denn dieses ist nach den positiven Bestimmungen des
bürgerlichen Gesetzbuchs $ 54 Vertrag, und zwar Gesellschafts-
vertrag”. Vom Vertrag unterscheiden sie sich aber wesentlich.
Denn dieser ist Disposition über subjektive Rechte; hier aber liegt
Kreation objektiven Rechts vor. Daher haben wir es m. E. mit
der sog. Vereinbarung zu tun. Dieser von BINDINnG “
aufgestellte und von anderen aufgenommene °° Begriff bedeutet „die
Verschmelzung verschiedener inhaltlich glei-
cher Willen“. Die Vereinbarung erscheint überall dort, wo
getrennte Einzelwillen „nicht die rechtliche Macht haben, einen
bestimmten rechtlich relevanten Willen hervorzurufen“ °. Die
erforderte Gleichheit des Willens besteht darin, daß jeder
„will, daß der andere dasselbe tue wie er selbst“, nur daß der
andere, der ebenfalls dies von jenem verlangt, jenes nicht not-
wendig tun muß; m.a. W. es ist zwar Willensgleichbeit,
aber nicht Willenseinheit erforderlich”. Wenn daher der
63 Protokolle z. BGB. 1899 Bd. VI 207 ı. f.; v. STAUDINGER, Komm.
z. BGB. 7./8. Aufl. 1912 Bd. I zu $ 54 N. A. 9 und B. II S. 255; PLANcK,
BGB. 3. Aufl. 1903 Bd. I zu $ 54 N. 3a S. 127; wohl auch v. GIERKE,
Vereine ohne Rechtsfähigkeit, in der Berliner Festgabe für DERNBURG
1900 S. 11; EnnEcceERUs, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts, 6/8. Aufl. 1911
und 1912 Ba. I, $ 109 11T S. 269.
6 Gründung des Norddeutschen Bundes, in der Festgabe d. Leipziger
Jur. Fak. f. WınpscHein 1888 S. 69/70.
65 Von JELLINEK, Syst. 204 ff,; AnSCHÜTZ, PrVerwBl. 22 88/9; TRIFPEL,
Völkerrecht und Landesrecht 1899 S. 49 ff.; v. Liszt VR. 12.
68° BInDING a. a. O. 70.
0° JELLINER a. a. O.
# TRIEPEL a. a. O. 52/3.
® A.M. AnscHÜtz a. a. O. 8911.