Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

— 468 — 
Staat kann entweder sich selbst zum Träger der Gewalt bestellen 
oder zulassen, daß andere sie in eignem Namen ausüben '". 
Gewalt auf der einen, Unterwerfung unter sie auf der an- 
deren Seite sind bisher Begriffsmerkmale. Beide finden sich bereits 
beim Staat und dem Untertan. Doch unterscheidet sich dieses 
allgemeine Gewaltverhältnis'” von den hier behandelten besonderen 
durch das Moment der Herrschaft'”. Der Staat herrscht über 
seine Untertanen, nicht über seine Beamten; die öffentliche An- 
stalt, der Arbeitgeber, der Dienstberechtigte, sie alle können Be- 
fehle erteilen, aber sie herrschen nicht. Die Befolgung der Be- 
fehle in den zivilrechtlich begründeten Gewaltverhältnissen oder 
(um bereits hier den kürzeren Ausdruck einzuführen) Sonder- 
gewalten ist nicht bloße Erfüllung einer Leistungspflicht. 
Ich kann meinem Diener befehlen mich zu bedienen, aber ich 
kann nicht dem Verkäufer befehlen, mir die verkaufte Sache zu 
übergeben. In jenen Verhältnissen wird durch Vertrag, oder 
welch andere Begründungsform es sein mag (s. o.), außer An- 
spruch und Pflicht ein Besonderes geschaffen, eine sozialrechtliche 
  
1 Vgl. v. LiszT a. a. O. 
102 Der Begriff des Gewaltverhältnisses findet sich in der staatsrecht- 
lichen Literatur, soweit ich sehe, zum ersten Mal bei v. GERBER, Grund- 
züge eines Systems des deutschen Staatsrechts 1869 2. Aufl. 44 zur 
Erklärung der Beziehungen zwischen Staat und Untertan; in diesem Sinn 
auch bei Rosın AnnDR. 1883 299; O. Mayer I 109 N. 13; TaomA 17. Das 
spezielle Gewverh. ist näher untersucht von LABAND 1. Aufl. (1876) I 386 
(Beamtenrecht), 5. Aufl. 1433; O. Mayer I 107 f£., IL 335; DEMS. ArchOeffR. 
352ff.; JELLINEK Syst. 171 i. f. 214/8; HusriıcH 9ff.; HAENEL, Deut- 
sches Staatsrecht 1892 Bd. I 457; FLEINER, Institutionen des deutschen 
Verwaltungsrechts, 3. Aufl. 1913 S. 155 ff.; LABEs a. a. O. 248 ı. f.,; Kann, 
7#.; zuletzt von NAwıasky, Forderungs- und Gewaltverhältnis, i. d. Fest- 
schrift f. ZITELMANN 1913 Teil III, der im wesentlichen eine — sehr sorg- 
fältige — literarische Rundschau veranstaltet. Seine Stellung zu dem Problem 
(bes. S. 30 ff.) konnte eingehender leider nicht mehr berücksichtigt werden, 
da mir seine Arbeit erst zugänglich wurde, als mit der Drucklegung dieses 
Aufsatzes bereits begonnen war. 
‘#3 Daß dies dem Staat eigentümlich sei, ist von Rosın a. a. O. 269, 
296 ff. bestritten; s. u.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.