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Anspruch wird diesem keine Gewalt über jenen eingeräumt; es
wird keine Sondergewalt gegründet, und hierin zeigt sieh zu-
gleich das Wesen der Sondergewalt. Ueber- und Unterordnung
äußern sich im Befehl, Gleichordnung in der Forderung'”?.
Oft allerdings erscheint rechtlich der Befehl noch heut in der
Form des Anspruchs, seine Erfüllung als Erfüllung einer Lei-
stungspflicht. Allein das Leben zeigt uns, daß wir dem Diener,
dem Arbeiter befehlen können, und das zwingt uns, hier eine als
Folge des Vertrages sich ergebende Sondergewalt anzunehmen '”®.
Mit der hier vorgenommenen Scheidung von Herrschaft und
Gewalt wird nicht verkannt, daß an sich nichts im Weg stünde,
die Sondergewalt Herrschaft zunennen. Der Sprachgebrauch,
von dem anfangs ausgegangen wurde, setzt beide Ausdrücke fast
einander gleich. Man sagt, jemand habe Gewalt über eine Person,
ebenso wie jemand beherrsche einen andern. Es kann aber nicht
geleugnet werden, daß zwischen Sonder- und Staatsgewalt Unter-
schiede bestehen, und deshalb empfiehlt es sich, diese bereits in
der Bezeichnung anzudeuten.
Als begrifflich haben wir sonach erkannt: 1. Ueberordnung
einer Person über eine andere; 2. Bedingt- und Befristetsein
durch den Willen des Unterworfenen. Dazu kommt weiter als
sich aus dem Willen des Uebergeordneten ergebend die Unbe-
stimmtheit der Pfliehten des Unterworfenen '*. Wer Gewalt über
eine Person hat, kann ungezählte Pflichten verlangen, und es ist
unmöglich — bei der Herrschaftsgewalt —, die des Untertanen
im einzelnen aufzuzählen. Bei dem unwiderstehlichen Willen des
Staats ist das ın höherem Grad als bei der begrenzten Sonder-
gewalt der Fall. — Gehört aber zum Wesen der Sondergewalt
trachtung nicht als Gegenstand, sondern nur als Inhalt der Forderung be-
zeichnet werden“. Bd. I 171 N. 3: „Primär haftet die Person, ihr Wille
ist gebunden‘. Vgl. ferner Rosın a. a. O. 298.
122 Rosın a. a. O. 299.
123 So auch JELLINEK Syst. 215. O. MAYER ArchOeffR. 3 53.
124 Q, MAyvER a. a. O. 52; Ders. VerwR. I 109 N. 13.