Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

— 44 — 
Aus der Unterscheidung ergibt sich, daß der Regierungsver- 
treter qua Abgeordneter der Disziplinargewalt des Parla- 
ments unterliegt, als Minister nicht. Doch bleibt das Parlament 
hier nicht machtlos. Das Recht, aus welchem eine Unterbre- 
chung oder Verweisung auf den parlamentarischen Brauch folgt, 
ist das Recht der Geschäftsleitung und die Sondergewalt. 
Auf Grund des Rechts der Geschäftsleitung erteilt der Prä- 
sident das Wort und leitet die Abstimmungen. Auch der Regie- 
rungsvertreter darf, obwohl er durch die Verfassungen (vgl. oben 
Note 148) berechtigt ist, jederzeit gehört zu werden, nicht 
eher sprechen, als bis der Präsident ihm das Wort erteilt!”®. Wo 
die Geschäftsordnungen durch Gesetz festgelegt sind, kann eine 
derartige Bestimmung nicht in Zweifel gezogen werden", wohl 
aber im Delegationssystem. Doch kann eine solche hier nicht 
ungültig sein, wenn man erwägt, daß „jederzeit“ bedeutet, daß 
der Regierungsvertreter stets verlangen kann, daß ihm das Wort 
erteilt werde, und daß der Präsident verpflichtet ist, esihm 
sobald als möglich zu erteilen. Aus der Kompetenz der formellen 
Geschäftsleitung ergibt sich für den Präsidenten die Befugnis, 
ihn zu diesen Zwecken zu unterbrechen. Ferner ist — rein for- 
mal — darauf hinzuweisen, daß der Regierungsvertreter nicht 
ein Recht hat zu reden, sondern gehört zu werden'”, d.h. 
158 Zustimmend v. RÖNNE-ZORN I 392; PERELS 87; Hessen GO. 43 ]; 
Frankreich I, $ 36 („Les ministres ... . obtiennent la parole quand ils la 
reclament‘“); Italien I, $$ 2, 46; auch Oesterreich, GOGes. $ 6; von den 
GOGO. wird das selten deutlich formuliert. Musterhaft ist in der Beziehung 
die des italienischen Senats $ 2 I: „Le president du Senat... . accorde la 
parole aux senateurs, aux ministres et aux commissaires du roi selon les 
regles qui y sont etablies* (MOREAU II 308); 8 46 1: „Peuvent seules parler 
dans le Senat les senateurs et les ministres et commissaires du roi, quand 
ils ont obtenu la parole du president, soit qu’ils en aient fait la demande 
ecrite, soit qu’ils 1a demandent de leur place“ (MoREAU II 322). 
159 Nachweise bei HUBRICH 421 N. 86. 
160 Vgl. die Verfassungen von Sachsen-Altenburg, Sachsen-Meiningen, 
Preußen, Schaumburg-Lippe, dem Deutschen Reich, Frankreich, Belgien, 
Italien; genauere Angaben s. oben Note 148.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.