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erklärung und zwar eine resolutiv bedingte liegt auch vor, wenn
der Bundesrat auf Grund einer Ermächtigung eine Verordnung
erläßt, diese aber außer Kraft trıtt, wenn sie vom nächsten Reichs-
tag nicht genehmigt wird.
All diesen Einwürfen gegenüber muß auf das schärfste dar-
auf hingewiesen werden. daß der Gesetzgebungsprozeß ein ein-
heitlicher Staatsakt ıst, wıe sich schon aus dem Worte „Gesetz“
ergibt, soweit auch die Willenserklärungen der einzelnen gesetz-
gebenden Organe zeitlich auseinanderliegen mögen. Sobald aber
mehrere Körperschaften zu einer einheitlichen Erklärung des
Staates zusammenwirken, ist eine qualitative Abstufung ihrer
Beschlüsse undenkbar.
Die vorstehenden Ausführungen laufen alle darauf hinaus, daß
die Willenserklärung des Bundesrates und diejenige des Reichs-
tages gleichwertig ist. Wenn trotzdem von dem Bundesrat als
dem „eigentlichen“ Gesetzgeber gesprochen wird, so ist
damit zugegeben, daß der Bundesrat ein „eigenes“ Recht an
der Staatsgewalt, an der Gesetzgebung habe. Ein anderer Sinn
läßt sich damit nicht verbinden. Diese Ansicht widerspricht aber
der modernen Staatsauffassung, die auch den Monarchen und
ebenso den Bundesrat lediglich als Organe des Staates betrachtet ?.
Aus dem gleichen Grunde ist das Wort „Zustimmung“ für die
Tätigkeit des Reichstags wenig passend. Die Reichsverfassung
gebraucht auch nicht diesen Ausdruck, sondern spricht von „Ueber-
einstimmung“. Doch ist diese Bezeiehnung ebenso zufällig, wie
die in den Verfassungsurkunden vieler deutscher Einzelstaaten
gebrauchte Ausdrucksweise „Zustimmung“. Es kann hierauf kaum
ein Gewicht gelegt werden, da bei Abfassung von Verfassungs-
urkunden praktische Gesichtspunkte im Vordergrunde stehen.
Wesentlich ist diesen Bestimmungen nur, daß gewisse staatliche
Akte der Mitwirkung des Parlaments bedürfen.
3 Vgl. JELLINEK, Allgem. Staatslehre, 2. Aufl. S. 660 ff.