Wenn das Zivilrecht zahlreiche Fälle kennt, in denen ein
Rechtsgeschäft nur mit Zustimmung eines Dritten vorgenommen
werden kann“, so liegen hier gänzlich verschiedene Verhältnisse
vor. Daß der Minderjährige zu gewissen Rechtsgeschäften die
Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters einholen muß, trotz-
dem aber die eigentliche Willenserklärung abgibt, hat einen voll-
kommenen Sinn. Denn bei dem Rechtsgeschäft handelt es sich
um Angelegenheiten des Minderjährigen; es ist daher natürlich,
daß er als der eigentlich Handelnde auftritt. Bei der Gesetz-
gebung aber handelt es sich nicht um eigene Angelegenheiten
des Bundesrates, sondern um solche des Reichs. Wenn trotzdem
auf die Bezeichnung „Zustimmung“ Nachdruck gelegt wird. so
liegt die Annahme sehr nahe, daß hier privatrechtliche Verhält-
nisse auf das öffentliche Recht übertragen werden. genauer ge-
sagt, daß hier noch Anschauungen früherer Jahrhunderte nach-
wirken, in denen die öffentlichen Gewaltverhältnisse in rein privat-
rechtlicher Weise behandelt wurden. Eine solche privatrechtliche
Vorstellung liegt auch in dem Hinweis darauf versteckt, daß das
Parlament in der konstitutionellen Monarchie niemals eine Er-
klärung den Staatsuntertanen gegenüber, vielmehr seine Zustim-
mung lediglich dem Monarchen gegenüber abgebe, und daß letz-
terer seinen Willen den Untertanen erkläre®. Teilweise rührt
diese Vorstellung auch daher, daß die „Zustimmung“ des Reichs-
tags bzw. der Landtage immer vor der Sanktion eingeholt wird.
Für das Reichsrecht liegt die Sache so, daß die Willenserklärung
des Reichstags ebenso wie diejenige des Bundesrates auf das Zu-
standekommen des Gesetzes, auf die Schaffung der formellen Ge-
setzeskraft gerichtet ist, die mit der Sanktion eintritt®. Der also
existente Staatswille aber wird gar nicht durch den Bundesrat,
*S. den Vergleich JELLINEKs, Gesetz und Verordnung 8. 317.
5 LABAND, Handbuch des öffentl. Rechts II, 1 S. 83; Archiv für öffentl.
Recht Bd. 17 S. 590/91.
® Vgl. hierüber RAUSCHENBERGER, Archiv f. öffentl. Recht Bd. 31, 8. 250 f.