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schäftsordnung für den belgischen Senat von der peine du
rappel & l’ordre ($ 23 ]) redet und daß endlich die Verfassung
der Vereinigten Staaten (I, 5, 2), die ja auch den Ordnungsruf
kennen (I, R. XIX, 4; II, R. XIV, 4), bestimmt: „Each house
may... punish its members for disorderly behaviour“.
Verschieden von dem Ordnungsruf ist eine „Mahnung des
Präsidenten, die wegen irgend eines kleinen Dinges vorkommen
kann“?*?’, Diese ist in der Regel Verweisung auf den parlamen-
tarıschen Brauch und hat mehr die Natur einer Bitte, sich
dessen Regeln zu fügen, als die Natur des Befehls. Dieser Satz
findet neuerdings eine Bestätigung in der Geschäftsordnung des
ungarischen Abgeordnetenhauses, wenn es dort im $ 251 Il heißt,
daß der Präsident bei Ordnungsstörungen verpflichtet ist, den
betreffenden Abgeordneten zu ermahnen, im Fall einer Wieder-
holung oder bei schwereren Vergehen ihn mit Namen zur Ord-
nung zu rufen. Jene Ermahnung (in wörtlicher Uebersetzung :
jenes Aufmerksammachen — figyelmeztetni —) ist also kein
Ördnungsruf, sondern nur eine an den Abgeordneten gerichtete
Bitte. Zugleich wird durch den Satz der ungarischen Geschäfts-
ordnung unsre Meinung, daß der ÖOrdnungsrufe Strafe sei, be-
kräftigt.
Neben dem sogenannten einfachen Ordnungsruf gibt es noch
den protokollierten *®®. Hierin soll eine Verschärfung liegen. Die
Voraussetzungen sind durchaus verschieden. In Oesterreich kann
einfach die Kammer beschließen, daß die Eintragung erfolge.
In Belgien und Italien geschieht es dann, wenn auf den Einspruch
des zur Ordnung gerufenen Abgeordneten hin die Kammer den:
Ordnungsruf aufrecht erhält. In Frankreich endlich ist die Ein-
tragung die Folge des in der nämlichen Sitzung erteilten zweiten
Rufs zur Ordnung.
217 Abg. GREIL im Reichstag am 22. Xl. 1871, StenBer. 443 r.
218 7, B. Belgien I, $ 33 8. 2; II, $ 34 8. 2; Frankreich I, 8 115; II
88 119/20; Oesterreich II, $ 57 C.; Italien I, $ 71 IL.