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a) Unwürdiges Verhalten. Dieses kann auch die Lebensfüh-
rung des Abgeordneten außerhalb seines parlamentarischen Be-
rufs umfassen. Spezialisierte Angaben finden sich nicht. Das
Ermessen der Versammlung entscheidet in England °®', den Ver-
einigten Staaten (Const. I, 5,2), in Reuß ä. L. (VU. S 65 ID),
Waldeck (VU. $ 69 und GO. $ 38) °®°. Oldenburg macht die Aus-
schließung davon abhängig, daß das Mitglied verhaftet ist und
die Haft länger als drei Tage gedauert hat (VU. Art. 122 Nr. 4,
132 und GO. $ 101 Nr. 2). Vorangehen muß daselbst das „Gut-
achten“ eines Ausschusses; zweimalige Abstimmung ist erforder-
lich. Die Ausschließung erfolgt durchgängig durch die Versamm-
lung selber.
b) Pflichtverletzung. Sie besteht regelmäßig darin, daß der
Abgeordnete seiner Pflicht, im Landtag anwesend zu sein, nicht
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nachkommt Er wird zu jener Pflicht durch die Annahme des
Mandats verbunden. Daß sie eine Rechts- und nicht bloß eine
moralische °®% Pflicht ist, ist da zweifellos, wo sie durch formelles
Gesetz auferlegt wird. Aber auch im Delegationssystem oder da,
wo die Geschäftsordnungen schweigen, kann an der Existenz
einer Rechtspflicht nicht gezweifelt werden °®. Bei dem Dele-
gationssystem ergibt sich das daraus, daß das Parlament für seine
231 May 60/3; REDLIOH 623/4; HATScHEK I 385.
2822 GO. $ 38 wiederholt VU. 8 69 und ist deshalb insoweit bedeutungs-
los; er gewinnt Bedeutung erst dadurch, daß er auch das außerparlamen-
tarische Verhalten beachtet.
289 LABAND I 241 leugnet eine solche Pflicht fürs Reich: „Es verhält
sich (beim Bundesrat) ganz ebenso wie mit den Reichstagsmitgliedern,
welche zwar ein Recht, und gewiß auch eine politische ethische Pflicht
haben, an den Arbeiten und Beschlüssen des Reichstags teilzunehmen, aber
keine Rechtspflicht dieses Inhalts“.
283 DERS. a. a. O.; KOLLER 138/9.
225 So G. MEYER 335, 454; v. SEYDEL, AnnDR. 1880 414; HupriıcH 410;
PrReELS 101; Warz, StaatsR. 77; PIeree I 474. Hier sei auch auf die ein-
gehenden Vorschriften der neuen GO. von Schwarzburg-Sondershausen
85 30/33 verwiesen.