Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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die Gesetzgebung das Gegenteil gewollt, so hätte sie nicht 
schlechthin „ohne jede Einschränkung“ dem Parlament die Macht 
verliehen, seine Disziplin durch eine Geschäftsordnung zu regeln. 
2. Unzulässigkeit wegen mangelnder Exekutivgewalt®”®. Der 
deutsche Reichstag wie das preußische Abgeordnetenhaus üben, 
nach dem Text der Geschäftsordnung, in ihren Räumen die Poli- 
zeigewalt aus. Daß damit nicht Polizei im staatsrechtlichen Sinn 
zu verstehen ist, darüber wird unten im $ 21 gehandelt werden. 
Nehmen wir diesen Satz als Ergebnis vorweg, so haben die ge- 
nannten Parlamente keine eigene Gewalt, ihre Befehle zu voll- 
gumenten. Er führt aus, daß das Parlament wie der einzelne Abgeordnete 
Organe seien und daher nur Kompetenzen hätten; deren Ausübung sei 
nicht in das Belieben der Organe gestellt, sondern sie sei eine Pflicht 
gegenüber dem Staat. Daher seien „alle Befugnisse des Parlaments direkte 
Folgen der Organschaft; sie sind von dieser nicht zu trennen, ohne die 
Organschaft ihrem Wesen nach zu verändern, d. h. eine Aenderung der 
Kompetenzen ist nur möglich durch Aenderung des Inhalts der Organschaft, 
also durch Aenderung der Organstellung. Daraus folgt, daß die Aenderung 
oder Beschränkung der Kompetenzen des Parlaments nur durch Aenderung 
seiner Organstellung erfolgen kann, d. h. soweit seine Organstellung auf 
Gesetz beruht, nur durch Aenderung des betreffenden Gesetzes“. Diese 
Argumentation ist m. E. durch unsre obige widerlegt. HoRSTMANNs Be- 
weisführung steht und fällt mit seinem Ausgangspunkt. Er meint nämlich, 
das Recht auf Abstimmung sei das Recht des Abgeordneten auf Teilnahme 
an der Legislative. Oben S. 450 und 451 ist hervorgehoben, daß die Teil- 
nahme an der Legislative dem Parlament als Gesamtorgan gebührt und 
daß sie politische, nicht kollegiale Kompetenz ist. HORSTMANN will nun, 
offenbar in Verkennung des letzteren Unterschieds, die Teilnahme an der 
Gesetzgebung auflösen in Kompetenzen der einzelnen Abgeordneten, die 
hiernach an jener Kompetenz Anteilsrechte oder Anteilskompetenzen haben 
müßten. Daß HORSTMANNs Argumentation, sollte sie nicht bereits hiermit 
widerlegt sein, nicht zutreffen kann, ergibt sich noch daraus, daß nach 
außen die Abstimmung bei einer Gesetzesvorlage gänzlich bedeutungslos 
ist. Hätte er die oben gemachte Unterscheidung nicht übersehen, so hätte 
er in jenen Fehler nicht verfallen können. Ferner ist bei seiner Beweis- 
führung nicht recht einzusehen, was er eigentlich mit der Veränderung in 
der Organstellung meint. 
326 Einwand von V. SEYDEL a. a. O.; MADSACK a. a. O.; HORSTMANN 
a. a. OÖ. 165/6.
	        
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