Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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strecken, sondern können sich höchstens der Staatsgewalt be- 
dienen, wenn sie dazu bereit ist, ihnen ihre Zwangsgewalt zur 
Verfügung zu stellen. 
Immerhin kann in dem Fehlen derselben kein Grund zur Ne- 
gierung der Zulässigkeit der Ausschließung erbliekt werden. Die 
Entfernung selber kann zunächst nicht erzwungen werden. Wohl 
aber kann der Präsident bzw. das Parlament beschließen, daß der 
Abgeordnete sich zu entfernen habe. Leistet er diesem Befehl 
Folge, so ist seine Entfernung nicht erzwungen, bleibt mithin 
freiwillig”. Verweilt er jedoch im Sitzungssaal, so ist sein 
Aufenthalt geschäftsordnungswidrig. Er überschreitet seine Kom- 
petenz, im Parlament zu verweilen; mithin befindet er sich „ohne 
Befugnis* (StGB. $ 123) im Sitzungssaal. Da er seine Kompe- 
tenz überschreitet, verletzt er objektives Recht (s. o0.)?°. Leistet 
er der „Aufforderung des Berechtigten sich zu entfernen“ nieht 
Folge, so ist der Tatbestand des $ 123 StGB. gegeben. Der Be- 
rechtigte ist nach der Geschäftsordnung der Präsident. Der Ab- 
seordnete ist daher des Hausfriedensbruchs schuldig ®”®. Dasselbe 
gilt, wenn er, nachdem er sich entfernt hat bzw. entfernt worden 
ist, von neuem in den Sitzungssaal eindringt®®®. Denn das Mo- 
ment der Widerrechtlichkeit ist hier, weil Kompetenzverletzung 
vorliegt, wiederum gegeben. Man könnte freilich annehmen, daß 
er nur ein neues Disziplinarvergehen begeht, so daß zur Kon- 
struktion eines Hausfriedensbruchs ein neuer Entfernungsbeschluß 
nötig wäre. Allein dieses Bedenken erledigt sich einfach da- 
durch, daß die Ausschließung in Preußen ebenso wie im Reich 
37 PERELS 100 N. 560 i. f. 
323 Ohne Befugnis ist gleich — objektiv — widerrechtlich; so Ors- 
HAUSEN, Kommentar zum Strafgesetzbuch 9. Aufi. 1912 N. 14 zu $ 123 
S. 514. 
32? HUBRICH 437; GOLDSCHMIDT a. a. O. 564 r; Hamm a. a. O. 652; 
WEIGeL 64/5, 92; Kommissar des M.d. J. Abg.H, Drucksachen 1910, V 3514. 
#890 Das tat der am 9. V. 1912 im preußischen AbgH. ausgewiesene Ab- 
geordnete; vgl. AbgH. StenBer. 1912 5651/4.
	        
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