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crimine durante, also solange wie der verbrecherische Zustand
dauert, tätig werden, um die Weiterbegehung zu verhüten, da
diese ebenfalls eine Störung des öffentlichen Rechts enthält. Ist
letztere ohne Eingreifen der Polizei vorübergegangen, das also ist
Delikt im strafrechtlichen Sinn vollendet, so kann sie aus ver-
waltungsrechtlichen Gründen nichts mehr tun; ihre Legitimation
stützt sich dann, da es nunmehr Sache der Rechtspflege ist ein-
zuschreiten, die sich der Polizei dabei lediglich als Hilfsorgans be-
dienen kann ®*!, nur noch auf strafprozessuale Normen (8 127 StPO.,
Recht der vorläufigen Festnahme!). Nun kann nicht geleugnet
werden, daß sich der renitente Abgeordnete in dem Zustand der
Begehung einer strafbaren Handlung, also in dem „Stadium eines
wider die allgemeine Rechtsordnung geriehteten Deliktes“ 3° be-
findet. Die Polizei darf mithin selbständig einschreiten. HUBRICH
(S. 431, 439, 440) leugnet das. Er stützt sein Resultat darauf,
daß nach der Geschäftsordnung der Präsident Polizeiherr sei;
„alle Behörden und Untertanen seien zur Achtung jenes Ge-
schäftsordnungsartikels über das Polizeirecht verbunden, denn in
diesem komme ein parlamentarisches Gewohnheitsrecht zum Aus-
druck, welches gesetzesgleiche Kraft habe“. Der Einwand, parla-
mentarisches Gewohnheitsrecht habe gesetzesgleiche Kraft ist be-
reits oben (Text zu Note 82 u. 83) widerlegt worden. HUBRICHs
Meinung steht und fällt mit dem Standpunkt, den man der Ueber-
tragung der Polizeigewalt auf das Parlament bzw. auf den Präsi-
denten durch die Geschäftsordnung gegenüber einnimmt. Ist man
mit uns der Ansicht, daß dies unmöglich ist (s. u. $ 21), so muß
man zu unserem Ergebnis gelangen?®. Eine Einschränkung macht
31 AnSCHÜTZ a. a. O. 235; GVG. $ 153; StPO. 88 159, 187.
32 So HuBricH 441; so auch GOLDSCHMIDT a. a. O0. 563; Hamm
a. a. O. 653; Kommissar d. M. d. J. (AbgH. Drucks. V 3514/5); der Präsi-
dent (eod. 3513).
313 Vgl. hierzu PERELS 102; LABAanD DJZ. 1906 955: „Durch Art. 62
GO. wurde nicht für das Reichstagsgebäude eine Art von Exterritorialität
gegenüber den Staatsbehörden begründet‘; v. BAR im Recht 1912 305;
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