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Unterscheidung von quoad jus und quoad exercitium der bereits
zurückgewiesene Gedanke zugrunde, als habe der Monarch” ein
eigenes Recht an der Gesetzgebung. Tatsächlich hat der Mon-
arch, ebenso wie das Parlament, nur die Ausübung des Rechtes.
Es übt es im Namen des Staates aus.
Der Monarch und die Volksvertretung in idealer Einheit
gedacht, bestimmen ihre eigene Kompetenz, wie die des Staates.
Daher müssen ihre Rechte riehtigerweise in einer höheren Ein-
heit zusammengefaßt, nicht aber darf das eine Recht aus
dem andern abgeleitet werden. Letztere Vorstellung rührt
dalıer, daß der Monarch des deutschen Einzelstaates durch Ein-
führung der Volksvertretung sich selbst beschränkt hat, daß daher
die Rechte des Landtags historisch aus dem Rechte des Monarchen
sich ableiten. Man darf aber diese historische Ableitung
nicht mit einer juristischen verwechseln. Durch die Ein-
führung der Landtage ist eine Verfassungsänderung vor sich ge-
gangen: an die Stelle eines höchsten Organes sind zwei höchste
Organe getreten. Auf welche Weise dies geschehen ist, ist für
die höchsten Organe gleichgültig. Denn das Recht dieser Organe
ist gleichbedeutend mit dem tatsächlichen Besitz!°. Noch weniger
aber, als beim Monarchen des deutschen Einzelstaates, kann beim
lteiche davon gesprochen werden, daß die Rechte des Reichstags
aus den Rechten des Bundesrates abzuleiten seien. Denn alle
Rechte des Bundesrates stehen diesem, ebenso wie dem Reichs-
tag, einzig und allein auf Grund der Verfassung zu, die mit der
Reichsgründung überhaupt erst ins Leben getreten ist. Die Rechte
des Bundesrates sind nicht nur nicht juristisch, sondern auch
nicht historisch früher ins Leben getreten als diejenigen des
Reichstags. Deshalb kann beim Bundesrat noch weniger, als
beim Monarchen des Einzelstaates, von einem „eigenen“ Recht
® Was hier vom Monarchen gesagt wird, gilt natürlich ebenso vom
Bundesrat.
1 Vgl. GEORG MEYER-ANnSCHÜTZ 8. 24, 36.