Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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Bei beiden trennt sich wie bei der Gesetzgebung die formale 
Seite von der materiellen. Die letztere ist nicht an die Organe 
gebunden, denen die formelle Funktion regelmäßig zukommt, und 
gestattet, richterliche und verwaltende Funktionen an andere zu 
417 
übertragen Von der Rechtsprechung im Parlamentarismus sind 
bereits die Wahlprüfungen genannt. Ferner gehören hierher die 
Fälle, in denen der Präsident bzw. die Versammlung einen Ein- 
griff in die parlamentarische Persönlichkeitssphäre des Abgeord- 
neten beschließt. Diese Beschlüsse haben den Charakter von 
richterlichen Urteilen. Die oben gegebene Definition trifft voll- 
kommen zu, in Sonderheit ist auch das Kriterium des Befehls 
{s. o. Note 416) in ihnen enthalten, nämlich „sich so zu ver- 
halten, wie es den aus dem Beschluß (dem Urteil) abzuleitenden 
logischen Sehlußfolgerungen entspricht“ *'®. Der Ordnungsruf fällt 
darunter; denn Warnung und Mahnung enthalten Befehle. Das- 
selbe gilt von der Rüge, zumal wenn sie mit besonderen Wir- 
kungen verknüpft ist *!®, Ebenso zweifellos ist es, daß die Ver- 
hängung der anderen Disziplinarstrafen hierher gehört *®., 
417 Vgl. hierzu JELLINEK allgStL. 593 fl., 773. 
418 LABAND III 352. 
418° Anders meine parlamentarische Sondergewalt 118, da dort die 
Strafnatur des Ordnungsrufs und der Rüge geleugnet wurde. 
#19 Die Literatur hierüber berührt die Frage kaum. Gegner der hier 
vertretenen Meinung ist K. S, ZACHARIAE, ArchzivPr. 17 176, 201. Wie 
hier in kurzen Andeutungen: HurrıcH 466/7 im Anschluß an den Gesetz- 
entwurf von 1879; SZAGUNN 34; Mot. z. G. E. von 1879 zu $ 2, RT. Sten.- 
Ber. IV 328r. Anerkannt wird das Ergebnis in der oldenburgischen GO. 
S 97 Il („Berufung gegen das Urteil der Versammlung“), s. auch Italien II, 
$ 82 („sentence du president). Sehr klar in unserem Sinne SıEYES I 252/54 
(Einsetzung eines Gerichtsausschusses über die Abgeordneten; s. auch das 
Zitat Note 432); auch v. MonHr, StaatsR., Völkerrecht und Politik I 317; v. 
GIERKE,GenossR.1825: „Selbstgerichtsbarkeit (Disziplin)* ; JELLINEK allgStL. 
351: „Auch wo parlamentarische Kammern in rechtlich nicht weiter kontrollier- 
barer Weise über Rechtsfragen urteilen, wie z.B.... bei Handhabung der par- 
lamentarischen Disziplin, ist der Richter vorhanden.“ Da nun die Jurisdiktion 
es mit Rechtsfragen, d. h. durch Rechtssätze geregelten Fragen zu 
tun hat, und da ferner die parl. Disziplin in den Geschäftsordnungen ge-
	        
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