Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

— 8997 0 — 
die sich von anderen bedeutend unterscheidet. Im wesentlichen 
läßt sich das auf die dem Abgeordneten gewährleistete Immunität 
zurückführen. 
Immunität ist die Ausschließung strafgerichtlicher Verfolgung 
des Abgeordneten wegen seiner Abstimmung und der in Ausübung 
seines Berufs getanen Aeußerungen *®. Das ist im wesent- 
lichen nach dem positiven Recht die sog. berufliche Immu- 
nität *°°. Daneben gibt es die sog. außerberufliche, die die Tätig- 
keit des Abgeordneten noch weiter sicherstellen soll. Sprachlich 
bedeutet Immunität Unverletzlichkeit. Hieraus leitete man früher 
den Grundsatz ab, daß der Volksvertreter niemandem, also auch 
nicht dem Parlament, verantwortlich sei; dasselbe dürfe niemals 
zu repressiven, sondern nur zu präventiven Ordnungsmaßregeln 
berechtigt sein. Man begründete dieses Postulat folgendermaßen : 
es sei ein Widerspruch, „wenn diejenigen, welche das Volk für 
die Ausübung der gesetzgebenden Gewalt gewählt habe, und wel- 
che daher das Volk in Beziehung auf die Ausübung dieser Ge- 
walt vertreten, d. h. als eine und dieselbe Person mit dem Volke 
zu betrachten seien, gleichwohl für das, was sie in dieser Eigen- 
schaft getan, zur Verantwortung gezogen werden könnten“ *”, 
Diese Meinung, die hier nicht im einzelnen widerlegt werden 
soll, ist heut überwunden %®. — Rechtlich bedeutet Immunität 
Verantwortungsfreiheit. Dennoch sprechen die Verfassungen von 
Sachsen ($ 84 S. 1) und von Reuß ä. L. ($ 65 IV), in jener 
#25 Die Immunität gewährt hiernach nur einen persönlichen Straf-, 
keinen Schuldausschließungsgrund. So die in der Wissenschaft herrschende 
Meinung. Dagegen unrichtig das Reichsgericht; RGSt.4 14 ff. Eine ein- 
gehende und zutreffende Kritik dieser Entscheidung bei PAUL WOLFF, 
Parlamentarische Redefreiheit und Zeugenpflicht, Breslauer Diss. 1911 43 ff. 
Unrichtig auch KoLLeEr 19. 
426 Mit der obigen Definition ist naturgemäß nicht verkannt, daß sich 
die berufliche Immunität auch auf die außerparlamentarische disziplinare 
und sonstige Verantwortungsfreiheit erstreckt. 
427 K, S. ZACHARIAE ArchzivPr. 17 198. 
#28 Vgl. die eingehende Widerlegung von HUBRICH 250 ff., 404 ff., 410.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.