— 8997 0 —
die sich von anderen bedeutend unterscheidet. Im wesentlichen
läßt sich das auf die dem Abgeordneten gewährleistete Immunität
zurückführen.
Immunität ist die Ausschließung strafgerichtlicher Verfolgung
des Abgeordneten wegen seiner Abstimmung und der in Ausübung
seines Berufs getanen Aeußerungen *®. Das ist im wesent-
lichen nach dem positiven Recht die sog. berufliche Immu-
nität *°°. Daneben gibt es die sog. außerberufliche, die die Tätig-
keit des Abgeordneten noch weiter sicherstellen soll. Sprachlich
bedeutet Immunität Unverletzlichkeit. Hieraus leitete man früher
den Grundsatz ab, daß der Volksvertreter niemandem, also auch
nicht dem Parlament, verantwortlich sei; dasselbe dürfe niemals
zu repressiven, sondern nur zu präventiven Ordnungsmaßregeln
berechtigt sein. Man begründete dieses Postulat folgendermaßen :
es sei ein Widerspruch, „wenn diejenigen, welche das Volk für
die Ausübung der gesetzgebenden Gewalt gewählt habe, und wel-
che daher das Volk in Beziehung auf die Ausübung dieser Ge-
walt vertreten, d. h. als eine und dieselbe Person mit dem Volke
zu betrachten seien, gleichwohl für das, was sie in dieser Eigen-
schaft getan, zur Verantwortung gezogen werden könnten“ *”,
Diese Meinung, die hier nicht im einzelnen widerlegt werden
soll, ist heut überwunden %®. — Rechtlich bedeutet Immunität
Verantwortungsfreiheit. Dennoch sprechen die Verfassungen von
Sachsen ($ 84 S. 1) und von Reuß ä. L. ($ 65 IV), in jener
#25 Die Immunität gewährt hiernach nur einen persönlichen Straf-,
keinen Schuldausschließungsgrund. So die in der Wissenschaft herrschende
Meinung. Dagegen unrichtig das Reichsgericht; RGSt.4 14 ff. Eine ein-
gehende und zutreffende Kritik dieser Entscheidung bei PAUL WOLFF,
Parlamentarische Redefreiheit und Zeugenpflicht, Breslauer Diss. 1911 43 ff.
Unrichtig auch KoLLeEr 19.
426 Mit der obigen Definition ist naturgemäß nicht verkannt, daß sich
die berufliche Immunität auch auf die außerparlamentarische disziplinare
und sonstige Verantwortungsfreiheit erstreckt.
427 K, S. ZACHARIAE ArchzivPr. 17 198.
#28 Vgl. die eingehende Widerlegung von HUBRICH 250 ff., 404 ff., 410.