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älteren Lehre befangen, in Vermengung der Begriffe Unverletz-
lichkeit und Unverantwortlichkeit, von völliger Unverletzlichkeit
der Person des Abgeordneten. Da aber, wenn sich jene Lehre
durchsetzte, eine volle Verantwortungsfreiheit ein ordnungsgemä-
ßes Verhandeln im Parlament unmöglich machen mußte, glaubten
zahlreiche Verfassungen ausdrücklich vorschreiben zu müssen, daß
der Volksvertreter dem Parlament verantwortlich sei ®, Nach der
heutigen Auffassung vom Beruf des Abgeordneten ist die Frage
nach der Berechtigung der Disziplin recht müßig. Sie bildet über-
all die Grenze für die Immunität 2°. Nichts als Reminiszenzen
an die längst überwundene Theorie sind es daher, wenn Abge-
ordnete immer und immer wieder deklamieren, sie seien, weil von
ihren Wählern ins Parlament geschickt, nur diesen verantwort-
lich *, Ein anarchischer Zustand im Innern des Parlaments mit
den schlimmsten Folgen für den Staat wäre das Ergebnis dieser
Theorie.
Die Immunität findet also ihre Grenze an der Disziplinarge-
walt des Parlaments. Die Freiheit vom Strafrecht fordert aus
rechtspolitischen Gründen einen Ausgleich, und hieraus ergibt sich
eine der Funktionen der parlamentarischen Disziplin.
1. Die parlamentarische Disziplin als Ersatz des gemeinen
Strafrechts. Hiermit tritt sie in Gegensatz zu allen Disziplinar-
rechten, besonders zum Beamtenrecht. Dort wurde allerdings von
einigen das Disziplinarrecht zu Unrecht als Sonderstrafrecht an-
gesehen. Hier ist die Rechtslage, wegen der Immunität, anders.
42% Baden VU. $ 48a; Bayern VU. VII $ 27; Braunschweig $ 134; Ol-
denburg Art. 131 $ 1; Schaumburg-Lippe $ 17 II. Ordnungsmaßregeln wie
den OR. gestand man der Kammer zu (K. S. ZACHARIAE a. a. 0.176, 200),
weitere nicht, da hierin ein unzulässiges Zurverantwortungziehen läge.
Ueber den bestrittenen, oft z. B. von MÜLLER-MEININGEN AnnDR. 1906
641 ff. verkannten Begriff ist hier nicht zu handeln.
430 So auch ERRERA, Das Staatsrecht des Königsreichs Belgien 1909
S. 106.
431 Abg. SINGER, RT. StenBer. 1894/5 145 C; pr. AbgH. 1910 Drucks. V
3511; Abg. BoRGMANN, AbgH. StenBer. 1910, IV 5502 ı. f.