— 560 —
Verhalten der Kognition des Parlaments unterliegt, ist dies m. E.
der Fall (darüber s. u. $ 20).
$ 20. Umfang der parlamentarischen Disziplin.
Im englischen #°°, amerikanischen *?* und französischen "?”
Recht finden wir außer den genannten Disziplinarmitteln Gell-
und Freiheitstrafen *®, ebenso in Ungarn neuerdings Geldstra-
fen ??®, Ihre Zulässigkeit ist dort unbestritten. Es fragt sich aber,
ob aueh im deutschen Recht, soweit das Delegationssystem herrscht,
solche Strafen durch die Geschäftsordnungen eingeführt werden
könnten, ferner, ob es bei diesem System möglich ist, ein Mit-
glied gänzlich auszustoßen, und endlich, ob auch das außerparla-
mentarische Verhalten eines Abgeordneten der Kognition des Par-
laments unterliegt.
1. Den richtigen Weg weist der Rechtsbegriff der Disziplin.
Die Disziplinargewalt, die die Kirche über ihre Diener übte und
noch heut übt, begreift auch die Befugnis zur Verhängung von
Geld- und Freiheitstrafen in sich *. Der heutige Rechtszustand
läßt ein einheitliches Prinzip, aus dem auf die Zulässigkeit der
Verhängung solcher Strafen seitens des Parlaments ohne aus-
drückliche Ermächtigung geschlossen werden könnte, nicht er-
kennen. Während des Kulturkampfes wurde in Preußen das Ge-
setz über die kirchliche Disziplinargewalt und die Errichtung des
Königlichen Gerichtshofes für kirchliche Angelegenheiten erlassen
#35 REDLICH 624; MAY 69fl. Geldstrafe gibt es in England nicht mehr;
vgl. Mar 107 £.
486 SCHLEIDEN (oben Note 4b) I 26; AbgH. 1910 Drucks. V 35191.
#37 ]J, 8 126; über dessen eigentümliche rechtliche Natur vgl. HUBRICH
459 N. 78,
#38 Zwang findet sich selten; er existierte in England als direkter
Zwang zur Teilnahme (der sog. „call“); vgl. HATSCHER I 385.
439 So das Marginale zu Il, $ 254. Der Text dieses Paragraphen ver-
wendet den terminus „Geldstrafe“ nicht (s. u. S. 563).
#40 FRIEDBERG 827.