Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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bestellten Justizkollegien gezogen und alles andere, was dagegen 
geschiehet. als ungültig, null und nichtig betrachtet und jetzt 
und zu ewigen Zeiten davor erkannt und erklärt sein soll.“ Der 
Grundgedanke dieser Edikts war also ersichtlich der, an Stelle 
der Reichsgerichte tritt in Zukunft in vollem Umfang die Rechts- 
sprechung des Oberappellationsgerichts, zur Erreichung dieses 
Zweckes wurde ihm eine Stellung eingeräumt als stünde es völ- 
lıig souverän außerhalb des Landesverbandes. Danach war auch 
die Zulässigkeit der sog. Extrajudizialappellation, die sich seit 
Errichtung des Reichskammergerichts am Ausgang des Reiches 
durch die ständige Praxis des Reichskammergerichtes als Appel- 
lation gegen die als Teile der Jurisdiktion angesehenen Verwal- 
tungshandlungen, insbesondere wegen Rechtsverletzung in Polizei- 
sachen, herausgebildet hatte, zugelassen. BÄHR bezeugt es uns 
a.a.0. S. 141/42 als ständigen Gerichtsgebrauch des Kasseler 
OAGer. die Anfechtbarkeit von reinen Regierungshandlungen 
durch Extrajudizialappellation zuzulassen bis in die Zeit nach der 
westfälischen Fremdherrschaft. Erst um das Jahr 1817 herum 
brach sich die Ansicht GÖNNERs Bahn, daß in dem nunmehr zu- 
folge Untergangs des alten deutschen Reichs zur vollen Souverä- 
nität gelangten Staate die Gerichte nicht mehr für befugt er- 
achtet werden könnten, wider Akte der Gesetzgebung wegen ver- 
meintlicher Verletzung der Privatrechte Abhilfe zu gewähren, 
vgl. PFEIFFER: Praktische Ausführungen, Band I 257 fg. Mit 
Anerkennung dieses Satzes aber durch das OAGer. wurde seine 
Stellung äußerst prekär. Da der absolute Landesherr ohne jede 
Einschränkung das Gesetzgebungsrecht ausübte — Kurfürst Wil- 
helm II. hat die Landstände überhaupt nicht mehr einberufen — so 
konnte er „sobald er in einer Verwaltungssache einem unbe- 
quemen Widerspruch der Gerichte begegnete, jeden Augenblick 
sich in den Gesetzgeber verwandeln, um diesen Widerstand zu 
brechen. Die Verwaltungsanordnung, welche die Gerichte als 
rechtsverletzend erkannt hatten, brauchte nur im Gesetzblatt ab- 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXII. 1/2. 4
	        
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