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tion vom 23. 10. 1817) oder ungeschriebenen Rechts, daß die Behörden nur
dasjenige anordnen dürfen, was nach ihrer Auffassung am besten ist, und
es entsteht nur die Frage, ob sich der Untertan auf solche Vorschriften
soll berufen können oder nicht. Verfasser verneint, denn jene Normen
seien „ja gerade der Typus der nur intern verpflichtenden, der Wirkung
nach außen entbehrenden Rechtssätze* (S. 209, 456). Allein bei solch schwie-
rigen Fragen genügt der Hinweis auf einen angeblichen Typus nicht. Viel-
mehr muß man sich recht plastisch eine Polizeiverfügung vorstellen, die
folgendermaßen begründet ist: „Ich versage Ihnen die Erlaubnis, obgleich
nach meiner Ueberzeugung die Erteilung der Erlaubnis in Ihrem, im staat-
lichen, im öffentlichen Interesse das beste wäre. Aber ich will Sie meine
Macht fühlen lassen.“ Mit dieser Verfügung tritt man im Gedanken an
den Gesetzgeber heran und frägt ihn: „Willst Du wirklich, daß vor einer
solchen Begründung die Rechtskontrolle halt macht?“ Die wahrscheinlichste
Antwort des Gesetzgebers wird hier doch wohl verneinend ausfallen; er wird
sagen: „was gut ist, das ist allerdings eine innerdienstliche Frage; dagegen
ist es eine Rechtsfrage, ob die Behörde das einmal als gut Erkannte tun
soll oder nicht“; und aus dieser vernünftigerweise doch kaum bestreitbaren
Gesetzesmeinung folgt, daß es ein Rechtsirrtum und eine Rechtsverletzung
dem Untertan gegenüber ist, wenn die Behörde ihm gegenüber ihre Macht
mißbraucht in der Meinung, nach freiem Belieben handeln zu dürfen. Die
Beurteilung derartiger Ermessensfehler gehört also zur Rechtskontrolle,
nicht zur Ermessenskontrolle. Die großen Ausführungen des Verfassers
gegen die sächsische Rechtsprechung (S. 450 ff,) sind demnach unstichhaltig,
und unrichtig ist seine Behauptung, das Preußische OVG. habe polizeilichen
Verfügungen gegenüber Ermessenskontrolle geübt (S. 311ff.).. Welch gro-
bes Mißverständnis seinen zahlreichen wegen der Ermessensfehler gegen
mich gerichteten Angriffen zugrunde liegt, wird sich am Schlusse dieser
Besprechung zeigen.
IV. Der Hauptwert des BüuL#eschen Buches hätte in einer vollstän-
digen und zuverlässigen Darstellung der deutschen Rechtsprechung über
subjektive öffentliche Rechte liegen können. Aber wie weit ist BÜHLER
von diesem Ziele entfernt geblieben. Mißverständnis reiht sich an Ent-
stellung und Unvollständigkeit wechselt mit Ungenauigkeit.
1. Erstes Erfordernis für eine brauchbare Schilderung der Rechtspre-
chung ist vollkommene Beherrschung des Stoffes. Wenn
irgendwo so gilt hier die Mahnung des GAIUS (1. 1 D. 12), man möge nicht
„illotis ut ita dixerim manibus protinus materiam interpretationis tractare“.
Wer sich nicht selbst die nötige Sicherheit für die Beurteilung des Einzel-
falles angeeignet hat, dem fehlt auch die Sicherheit für die Darstellung
der verwaltungsgerichtlichen Urteile. So geht es dem Verfasser. Nament-
lich ist er, wie schon viele vor ihm, das Opfer einer Zweideutigkeit ge-
worden, die bei der sog. Notwendigkeits- und Zweckmäßigkeitsfrage ihr