Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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Entsagung zu rühmen, der in dem freien selbständigen Beruf, in dem er 
seit mehr als zwei Jahrzehnten steht, pflichtgemäß sich ein eigenes wissen- 
schaftliches System gebildet hat und der gewohnt ist, auf dem Kampfplatz 
der Wissenschaft mit schöpferischer Kraft seinen Mann zu stellen. 
Wenn wir nach dieser Vorbemerkung der neuen Bearbeitung als solcher 
näher treten, so ist selbstverständlich, daß die Erneuerung von den beiden 
Bearbeitern in verschiedener Weise geschah. Beide stimmen darin überein, 
daß sie den neuen Stoff vollständig und gründlich nachgetragen haben. 
Aber nicht zu erwarten ist, daß sie in dem Maß des Bearbeitens des neuen 
Stoffes gleichen Schritt halten. Der eine Verfasser steht in einem ganz 
andersartigen Beruf, der ihm jeden Tag neue Aufgaben stellt und seine 
volle Arbeitskraft in Anspruch nimmt. Wollte er seine Aufgabe erfüllen, 
so mußte er Ueberstunden leisten und sich auf das Nötigste beschränken. 
Von ihm konnte nicht gefordert werden, daß er die Ergebnisse der allge- 
meinen Literatur des Staats- und Verwaltungsrechtes heranzog. Ihm durfte 
gestattet sein, daß er nur von derjenigeu neuen Literatur Notiz nahm, die 
sich speziell mit Bayern beschäftigte. Ein Mehr war von ihm um so we- 
niger zu fordern, als es sich bei den ihm zugeteilten Materien des Buches 
um die einzelnen Verwaltungszweige, also um Spezialrecht handelte. Da- 
gegen wäre es unverständlich, wenn sich PırLorty auch auf diese Art der 
Neubearbeitung beschränkt hätte. Von ihm konnte eine so weitgehende 
Entsagung nicht erwartet werden. Er mußte Gelegenheit erhalten und 
Gelegenheit nehmen, auch seine eigene wissenschaftliche Meinung wenig- 
stens anmerkungsweise kundzugeben. So ist denn naturgemäß der erste 
Teil umfangreicher geraten. Bei SEYDEL machte er dieHälfte, in der neuen 
Auflage macht er drei Fünftel des Werkes aus. Es sei mir gestattet, den 
Neuerungen, die das Werk an wissenschaftlichen Auffassungen bietet, in 
einigen Richtungen nachzugehen. 
Da ist zunächst das eine zu bemerken, daß sowohl der Bearbeiter des 
ersten wie der des zweiten Teils —in den militärrechtlichen Partien ist dies 
der Militäranwalt am bayerischen Senat in Berlin Enpres — diesen baye- 
rischen Senat beim Reichsmilitärgericht staatsrechtlich gleich auffassen, 
nämlich als eine bayerische Staatseinrichtung. Die Mitglieder des Senats 
seien bayerische, nicht Reichsbeamte (I 388, II 624). M.E. besteht in dieser 
Hinsicht eine verschiedene Auffassung der Reichs- und der bayerischen 
Gesetze. Ich verweise darüber auf meinen Aufsatz im Recht 1900 Heft 16/17. 
Interessant ist die Frage, ob das neue Beamiengesetz als solches, des- 
sen rechtswissenschaftlichen Gehalt PILOTY in ausgezeichneter Weise syste- 
matisiert hat, den Charakter eines Verfassungs- oder nur eines verfassungs- 
ändernden Gesetzes hat. PILOTY spricht sich für ersteres, Kommentatoren, 
Regierung und Praxis für das letztere aus (I S.676, 850). PıLoTY gelangt 
zu seiner Ansicht dadurch, daß er auf die Frage der Verfassungseigenschaft 
dem materiellen Verfassungsbegriff Einfluß gewährt. PıLoTY sagt, man 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXII. 3/4. 40
	        
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