Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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Herrschaft durch eigene Tat, verleiht er sie sich selbst; hier: übt er sie’ 
in eigenem Namen aus? Es kann jemand im eigenen Namen herrschen 
und doch durch andere bestellt sein. Der König des alten Reiches wurde 
durch die Kurfürsten gewählt, aber er war nicht ihr Vertreter. Der Papst 
wird von den Kardinälen berufen, aber er regiert deshalb nicht in ihrem 
Namen. Er herrscht aus eigenem Recht, wenn dies bedeutet: im eigenen 
Namen, aber er herrscht nicht aus eigenem Recht im Sinne von eigener 
Ernennung. Ebenso ist es beim konstitutionellen Könige. Er wird Herr- 
scher durch die Verfassung, aber nach dieser Verfassung herrscht er 
nicht im Namen seiner Untertanen, kann also nicht von ihnen abgesetzt 
werden. Klar wird die Sache, wenn man die Ausdrücke Herrschaft im 
eigenen Namen und aus eigenem Recht scharf trennt. Der verfassungs- 
mäßige Monarch regiert nicht im Namen des Volkes, aber er ist auch nicht 
die eigene Quelle seiner Herrschaft. Dies ist die Verfassung. Freiherr 
v. HERTLING hat die beiden Bedeutungen von eigenem Recht (im eigenen 
Namen und aus eigener Quelle) nicht auseinandergehalten, wenn er am 
29. November 1913 im bayerischen Landtage erklärte: der bisherige Re- 
gent ist König geworden nicht auf Grund des neuen vereinbarten Ver- 
fassungsgesetzes, sondern auf Grund der Bestimmungen der erblichen Mon- 
archie, welche die Grundlage der bayerischen Verfassung ist. Er ist es 
geworden auf Grund dieses Verfassungsgesetzes, aber, obwohl dieses Gesetz 
unter Mitwirkung der Volksvertretung zustande kam, herrscht er doch in 
keiner Richtung im Namen, aus Auftrag des Volkes, denn Grundsatz auch 
dieses neuen Gesetzes ist: der König regiert nur in eigenem Namen. Zur 
Verwirrung hat auch beigetragen, daß in der Erörterung die Frage des 
göttlichen Rechtes hereingezogen wurde. Dieses ist etwas anderes als 
Staatsrecht. Es ist nicht Rechtssatz, sondern Glaubenssatz. Vom Stand- 
punkte des göttlichen Rechts beantwortet sich die Frage nach dem Rechts- 
grund natürlich anders. Darnach regiert er auch aus eigenem Recht, d.h. 
nicht auf Grund eines Menschenwerkes, nicht auf Grund der Verfassung. 
Allein daraus darf nicht gefolgert werden, daß es staatsrechtlich ebenso ist. 
Religiöse und staatsrechtliche Auffassung sind ganz verschiedene Sachen. 
Was nach göttlichem Recht, d. h. nach Religionslehre Quelle der Herr- 
schaft ist, ist es darum nicht nach menschlichem Recht, d.h. nach Staats- 
recht. Der Religion zufolge kommt alle Obrigkeit von Gott, dem Staats- 
recht zufolge kommt sie aus der Verfassung. 
Der andere Punkt aus dem Regentschaftsgesetz, den ich berühren 
will, betrifft den Regierungsantritt bei der außerordentlichen Beendigung 
der Regentschaft. Keinem Zweifel unterliegt, daß der neue Herrscher in 
dem Augenblicke König wird, in dem der bisherige Regent die Regentschaft 
für beendigt erklärt. Allein deswegen braucht der neue Herr nicht sofort 
die Regierung anzutreten. Er kann es tun, aber er muß es nicht. Es muß 
ihm gestattet sein, zu warten, bis das Parlament die dauernde Regierungs- 
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