Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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Behörden, es waren die Regierungen, die Finanzkammern und die 
Obergerichte. 
Grundlegend an der ganzen Verordnung war die nunmehr 
in allen Instanzen streng durchgeführte Scheidung zwischen Justiz 
und Verwaltung. Nach $ 3 sollten in der Regel mehrere Aemter 
aus verschiedenen Fächern in der Regel einem Diener nicht über- 
tragen werden. „Insbesondere soll niemand künftig neben dem 
Richteramte noch irgend ein administratives oder finanzielles Amt 
übernehmen, 'es sey denn wegen besonderer Umstände und nach 
den einstimmigen Anträgen der betreffenden Ministerien.“ Recht- 
lich blieb also allerdings noch abgesehen von der Rechtsprechung 
in der obersten Instanz, dem OAG., eine Vereinigung von Justiz 
und Verwaltung noch möglich, tatsächlich wurde freilich hiervon 
nie Gebrauch gemacht. Erst $ 112 der Verfassungsurkunde ordnete 
kategorisch an: „Die Rechtspflege soll von der Landesverwaltung 
fernerhin auf immer getrennt sein.“ An oberster Stelle stand nach 
wie vor das OAG. in Cassel. Es setzte sich zusammen aus 
zwei Abteilungen, einem Zivil- und einem Kriminalsenate unter 
der Leitung eines gemeinschaftlichen Präsidenten. Der Zivilsenat 
hatte kraft Gesetzes den Präsidenten als Direktor, außerdem je nach 
Lage der Geschäfte 6—8 stimmführende Mitglieder. Er war Be- 
rufungsgericht gegen alle erstinstanzlichen Urteile der Obergerichte 
bei einem Beschwerdegegenstand von mehr als 200 Talern oder 
mehr als 8 Talern jährlich. Der Kriminalsenat unter einem 
Direktor als Vorsitzenden und 3—4 stimmführenden Mitgliedern 
war Revisionsgericht gegen die strafgerichtlichen Urteile der Ober- 
gerichte in nicht reinen Bagatellsachen. (Ueber die Geschichte 
und Zuständigkeit des OAG. im einzelnen vgl. die interessante 
Schrift von Amtsrichter Dr. Keck: Die Entwickelung des Ober- 
appellationsgerichts zu Cassel, Cassel 1906.) In der Hauptstadt 
einer jeden Provinz, also in Cassel, Marburg, Hanau und Fulda, 
wurde ein Obergericht für die bürgerliche und Strafrechtspflege 
in 2 Senaten unter der Leitung eines gemeinschaftlichen Präsi-
	        
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