Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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den Vorständen der obergeordneten Dienstbehörden, den Direktoren 
oder Präsidenten, sondern von dem Kollegium als solchem ausge- 
übt. Der Beamte war also längst nicht in dem Maße dem Wohl- 
wollen des Vorgesetzten anvertraut, wie er es heute nach unserem 
modernen konstitutionellen Staatsrechte ist. Dabei berücksiehtigte 
nıan noch, daß das Vorschlagsrecht zur Besetzung erledigter Be- 
amtenstellen stets von der betreffenden Oberbehörde und nicht 
ihrem Präsidenten ausging. Mit allen auf den Ehrgeiz des Be- 
amten gerichteten Reizmitteln war man sehr sparsam. „Die Titel 
waren einfach und meistens nur einer Bezeichnung der Dienststelle 
entnommen. Eine besondere Verleihung von solchen war sehr 
selten. Man erwartete von jedem Beaiten, daß er auch ohne das 
seine Pflicht tun werde. .. . Das Wort „Streber“ war bis zum 
Jahre 1866 in Kurhessen ganz unbekannt. Ohne Zweifel gab es 
auch hier ehrgeizige Menschen. Aber sie durften nicht wagen, 
sich als solche aufzuspielen. Sobald der Kurfürst Absicht merkte, 
war er verstimmt. Es war auch durchaus unüblich, sich um höhere 
Stellen zu melden. Man würde das für eine unbegreifliche An- 
maßung gehalten haben. Jeder wartete ruhig ab. ob er befördert 
werde* (BÄHR a. a. O.. 8. 39). 
Protektionswirtschaft war gänzlich unbekannt, auch der Adel 
als solcher wurde im Heere wie in der Verwaltung in keiner 
Weise bevorzugt, nur die höheren Hofstellen waren ihm so gut 
wie vorbehalten. Beförderungen wurden. abgesehen von der HAS- 
SENPFLUGschen Periode. in der selbst eine Korruption des OAGer. 
versucht wurde, nur nach sachlichen Gesichtspunkten vorgenom- 
men. So fehlte eigentlich jeder Anreiz zur Liebedienerei für das 
Beamtentum, schlicht und geräuschlos erfüllte es seine Pflicht und 
ließ sich nur nach von streng sachlichen Erwägungen leiten. 
Was nun die Exekutivgewalt der Verwaltungsbehörden an- 
langt, so hatten die Minister ein Recht, regulative Ausschreibun- 
gen oder Ausführungsverordnungen zu den Gesetzen aus eigener 
Machtvollkommenheit zu erlassen, überhaupt nicht. Es lag dazu
	        
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