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diese „unbegrenzten Möglichkeiten“ auch in der politischen Orientierung
in Wirklichkeit dem Setzen zwischen zwei Stühle (das pazifische und das
atlantische Problem) gleichen,
Rußland mit der künftigen Aufgabe als „vermittelnder und mildern-
der Puffer zwischen den beiden Kulturwelten, die es geographisch ver-
bindet — Europa und Asien, den Weißen und den Gelben“ zu betrauen,
mutet in diesen Zeiten wie eine Utopie an, und doch darf man über seiner
europäischen Front, die gegenwärtig im Vordergrunde steht, die asiatische
nicht vergessen.
Die sog. „Kleinrussen“ zu den Orthodoxen zu zählen, wie Ky. das als
herrschende Meinung wiedergibt, wäre zwar sehr im Sinne der allrussischen
Propaganda, steht aber im Widerspruche zu den Aeußerungen der Ukrainer
selbst, die sich in vollem Gegensatze zu den griechisch-orientalischen
Moskowitern zur griechisch-katholischen (uniierten) Kirche bekennen.
Was endlich die einzige exotische Großmacht Japan anbelangt, so
sei hier nur das negative Resultat erwähnt, das Ks. in die Worte kleidet:
„Auch die Chrysanthemen werden nicht in den Himmel wachsen‘. Die
„wirkliche, gelbe Gefahr droht“ nach seiner Meinung „nicht von Japan,
sondern von China, das die breite geographische Basis und das echte
Kaufmannsblut besitzt“ und dem vorläufig nur der „Wille zur Macht“ fehlt.
Dementsprechend erscheinen in den „Schlußfolgerungen“ als Groß-
mächte der Zukunft nach Zahl und Art nicht mehr die gleichen wie für
die Gegenwart. Wiederum ist es eine Pentarchie, wie vor 100 Jahren die
Welt sie sah und der RAnkesche Aufsatz sie behandelte, aber nicht mehr
eine europäische, sondern eine planetarische! „Der Großmachtsrang der
Zukunft fordert die qualitative Bedingung der Autarkie nebst der quanti-
tativen der großen Maßverhältnisse*, diese Rechtstitel aber weist neben
den Vereinigten Staaten und Rußland nicht Japan, sondern das uralte Reich
der Mitte, nicht Oesterreich und Italien, sondern nur noch England und
Deutschland auf. Jenes aber auch nur in der Form des „British Empire“
und dieses „als Oberhaupt eines föderierten Zentraleuropa®! Weltweite
und zukunftsferne Perspektiven! Die Universalherrschaft, die KJ. von
keiner einzelnen der von ihm behandelten Mächte drohen sieht, scheint
er in der Form jener Fünfergruppe zu prophezeien und doch will er das Wort
Salisburys, daß die großen Staaten immer größer, die kleinen immer kleiner
werden, nur bis zu einem gewissen Grade der Verwirklichung gelangen
lassen: Die kleinen Staaten werden „nicht ganz verschwinden“ (zugleich
eine Aeußerung pro domo des Schweden im Hinblick auf den russischen
Nachbar, bei der der Wunsch der Vater des Gedankens sein dürfte!), am
Ende steht ein System koordinierter Staaten, nicht bloß koordinierter
Weltstaaten!
Bei der Einteilung der Großmachttypen steht K7. — wie übrigens
nicht anders zu erwarten — auf den Schultern früherer Beobachter, nicht