Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

— 171 — 
und sich mit Stooss°? jenes als den Kern, dieses als die Schale 
vorstellen, wobei freilich bei manchem Eide vor Gericht, der um 
einer Kleinigkeit willen geleistet wird, der Kern weniger Wert und 
Gewicht als die Schale hat. Die Schale macht den Eid zu einem 
religiösen, der Kern läßt ihn als einen privaten oder öffentlichen, 
als prozessualen oder politischen und hierunter wieder als Thron-, 
Amts-, Untertanen- oder Fahneneid erscheinen. -— 
Ich... schwöre... einen leiblichen Eid. Wer bei 
diesen Worten sich ein Bild machen soll, denkt sich einen Mann 
mit erhobener Hand, mit der Linken die Fahne berührend, an einem 
Ort, der militärisches und religiöses Gepräge trägt, vorbereitet 
mit geistlicher und soldatischer Belehrung. 
Die feierliche Haltung entspringt dem Bedürfnis, mit der Geste 
die Rede zu unterstreichen. Bei der Vereidigung geschieht das 
durch Handerheben und durch Berühren der Fahne, des Geschützes 
oder Degens. 
Das Emporheben der rechten Hand, das ursprünglich, 
wie LASCH in seiner trefilichen kulturhistorischen Abhandlung 
über den Eid°® sagt, „nichts anderes ist, als jene einfachste in- 
stinktive Bewegung, mit welcher der Mensch seit jeher seine fried- 
lichen Absichten kundgab und deren Abkunft von einer unwill- 
kürlichen Abwehrbewegung wohl keinem Zweifel unterliegt“, dies 
Emporheben der Hand wurde schon früh als ein Hinweis auf ein 
höheres Wesen gedeutet und gebraucht. Von Manchen ’” wird 
5 STOoss, Meineid. Vergl. Darst. d. deutschen und ausländischen Straf- 
rechts B III, Berlin 1906. S. 382. 
® LascH, Der Eid, seine Entstehung und Beziehung zu Glaube und 
Brauch der Naturvölker. Stud. u. Forsch. z. Menschen- und Völkerkunde. 
V. Stuttgart 1908. S. 9. 
? Drei Finger (Dreieinigkeit) fordern u. a. v. ESTORFF, Anleitung zum 
Unterricht über Fahneneid, Kriegsartikel und Berufspflichten. 4. Aufl. 
Berlin 1902. S. 2. Gr. WALDERSERE, Leitfaden f. d. Dienstunterr. d. Infan- 
teristen. 138. Aufl. Berlin 1902. S. 11. Hvuvyssen, Der mil. Diensteid. 8. Aufl. 
Berlin 1890. S. 22. PoTEen, Mil. Dienstunterr. f. d. Kavallerie. 6. Aufl. 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXV. 2. 13
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.