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Hier stoßen wir auf eine Streitfrage, um die schon einmal
in diesem Archiv gekämpft worden ist. Im dritten Bande, Seite
492 ff., hat sich Exzellenz LABAND mit schlagenden Gründen
gegen Professor BROCKHAUS gewandt, der in seinem Buch „Das
deutsche Heer und die Kontingente der Einzelstaaten“ ?' die An-
sicht vertrat, daß das deutsche Heer ein einheitliches und nicht
ein Kontingentsheer sei, und der bei dem Unternehmen, seine
These zu beweisen, auch ın dem Wortlaut des Fahneneides ein
Hindernis fand. — Nichts liegt uns ferner, als in dieser Zeit, wo
Deutschland so eins ıst wie nie zuvor, militärische Mainlinien
ziehen zu wollen. Aber der Wortlaut der Reichsverfassung, die
Entstehung des Reichs und das Bestehen der Militärkonventionen
setzen es außer Zweifel, daß im deutschen Heer nicht die Reichs-
armee unseligen Angedenkens wieder aufgelebt ist, und daß die
Marine (Art. 53 RV.) in ganz anderem Sinne „einheitlich“ ist,
als das Heer (Art. 64 RV.). Die Verfassung sagt zwar mehrmals
„Deutsches Heer“ und auch „Reichsheer“, spricht aber in den
Art. 63 bis 65 fortgesetzt von den Kontingenten und Truppen-
teilen und setzt diesen mehrfach die „Preußische Armee“ (Art. 63
Abs. 2 u. 5, 64 Abs. 3) und ın der Schlußbestimmung zum
XII. Abschnitt das „Bayerische Heer“ gleich. Die Frage ist zur
Genüge bereits erörtert. Es sei hier nur auf den klaren Inhalt
des XI. Abschnitts der RV. und insbesondere auf den Gegensatz
zwischen Marine und Landheer im Ernennungsrecht der Offiziere
und Beamten (Art. 53 und 64 Abs. 2 mit 66 Abs. 1) und ım
Budgetrecht (Art. 58 und 62) hingewiesen, um zu zeigen, daß
die „Einheitlichkeit“, die bei der Marine keiner Erklärung bedarf,
beim Landheer aber gemäß Art. 63 Abs. 3 bis 5 in bestimmten
Uebereinstimmungen sich erschöpft, „bei der Marine Konsequenz,
bei dem Heere Modifikation des Grundprinzips“ ist”, bei der
Marine: gleichartig und aus einem Stück, bei dem Landheer:
2?! Leipzig 1899.
?2 LABAND, Staatsrecht des Deutschen Reiches, 4. Aufl. 1902. IV. 8. 5f.