— 1890 —
schen Kaisers als Landesherrn in den Reichslanden abgenommen
wird. Für Preußen wird die Streitfrage in der Regel nicht prak-
tisch.
Bei diesen Erörterungen tritt der Unterschied zwischen Eid-
nehmendem in materiellem und in formellem
Sınne, zwischen dem Eidnutzenden und dem Eidnehmenden
hervor. Eidnehmender ist stets der Landesherr. Eidnutzender
für den Gehorsam der Kaiser; gälte dem Kaiser der ganze Eid,
so wäre, wie DAMBITSCH °” bemerkt, keine besondere Gehorsams-
verpflichtung gegen den Kaiser nötig.
Was die Offiziere insbesondere anlangt, so darf nicht
vergessen werden, daß sie, als Berufssoldaten, mit ihrem Militär-
dienst nicht nur die allgemeine Untertanenpflicht erfüllen, sondern
obendrein zu ihrem Königlichen Herrn in dem vornehmsten
Dienstverhältnis stehen, das die Welt kennt. Ihr Fahneneid steht
als Soldateneid dem Untertaneneid, als Diensteid dem Beamten-
eid näher. So kommt es, daß z. B. der Mecklenburgische Offizier
sowohl im Fahneneid dem König von Preußen als auch durch
Revers oder Handgelöbnis seinem Landesherrn Treue verspricht”.
Hier hat der Fahneneid die Natur des Diensteides. Hier bleibt
aber der Offizier als Soldat seinem Landesherrn verpflichtet.
Daraus folgt klar, daß der Militärdienst dem Heimatstaat ge-
leistet wird. Denn welcher Beamte, der anderweite Dienste außer-
halb seines Heimatstaates nimmt, braucht seine Untertanentreue
besonders dem Landesherrn seines Heimatstaates zu versichern ?
Anders ist es, wo Offiziere nicht in den Preußischen Armee-
verband und unter die Dienstgewalt des Königs von Preußen
treten, sondern wo bestimmte Stellen innerhalb der drei anderen
” A. a. O. 610.
° Revers in Hessen, Militärkonvention Art. 4, Baden Art. 3, Olden-
burg Art, 3. Handgelöbnis in Mecklenburg-Schwerin Art. 5, Meck-
lenburg-Strelitz (Konv. v. 1868) Art. 5, Thüringische Staaten Art. 10, An-
halt Art. 10. Beide Formen in Lippe-Detmold, Schlußprot. I, Schaum-
burg-Lippe, Schlußprot. 1, Ziff. 3.