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nun ab eines Vergehens schuldig macht, oder gar vom Transport de-
sertiert, wird nach den Militärgesetzen gerichtet und bestraft ®°.
Zwar ist dies heutenoch durchaus V olksanschauung und mancher
Fahnenflüchtige, insbesondere Rekruten oder Freiwillige, die gemäß
$ 56 Ziff. 1 der Heerordnung vorläufig in die Heimat beurlaubt
waren (Dispositionsurlauber), berief sich zu seiner Entschuldigung
darauf, daß er nicht vereidigt sei“. De lege ferenda ist mit
Rücksicht auf den Zweck und die Heiligkeit des Eides zu fordern,
daß diese Rechtsüberzeugung weiter Kreise — man vergleiche
die Rede Sr. Majestät des Kaisers und Königs am 7. November
1900 in Berlin *” — wieder Rechtsgrundsatz werde, wie sie es im
alten Bayerischen MStGB. war und im Oesterreichischen MStGB.
noch ist. Nach bestehendem Recht ist, wie die Entscheidung
des Reichsmilitärgerichts vom 12. März 1902 °° sagt, „die Eigen-
schaft als Militärperson ... von der vorgängigen Ableistung des
Fahneneides nicht abhängig.“ Vielmehr gehören zum aktiven
Heere u. A. die ausgehobenen Rekruten mit dem Tage, mit wel-
chem ihre Verpflegung durch die Militärverwaltung beginnt, an.
Der Fahneneid hat demnach nicht die Bedeutung eines das Mili-
tärverhältnis begründenden Aktes oder wenigstens des Aktes, der
den Eintritt in das Heer darstellt, sondern
nur die Bedeutung einer äußerlich erkennbaren feierlichen Bekräftigung
getreuer Erfüllung der schon mit dem Augenblick der Zugehörigkeit zum
aktiven Heere ($ 38 Reichsmilitärgesetz) übernommenen Dienstpflichten *.
Ebensowenig ist der Zeitpunkt der Vereidigung für die Be-
rechnung der Dienstzeit maßgebend. Vielmehr pflegte
man früher die für das kommende Frühjahr im Herbst ausge-
hobenen Rekruten sogleich zu vereidigen, „ohne deswegen ihre
Dienstzeit schon vom Tage der Vereidigung ab zu berechnen‘ °®,
#5 MGS. I, 138.
412 DIETZ im Deutschen Offizierblatt XIII, S. 480.
#7 Reden Kaiser Wilhelms II. bei Reklam II, S. 240.
*s 2, Senat. Entsch. II, 2221.
4 RMG. Entsch. v. 19. April 1905. 2. Senat. VIII, 285.
®° Kr.Min. v. 10. Dezember 1840. MGS. II, 157.