Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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Wenn also ein nichtvereidigter Fahnenflüchtiger sich auf die 
unterbliebene Eidesleistung beruft, so ist, wie DIETZ © mit Recht 
ausführt, diese irrige Meinung als strafrechtlicher Irrtum uner- 
heblich, kann aber zu einer milderen Beurteilung bei Festsetzung 
des Kraftmaßes führen. 
Andererseits müßte in der Strafzumessung bei dem, der den 
Fahneneid geschworen und in der zur Verurteilung stehenden 
Pflichtverletzung gebrochen hat, dieser Umstand stets erschwerend 
ins Gewicht fallen. v. RÖNNE® sieht einen schweren gesetz- 
geberischen Fehler darin, daß dem ethischen und nationalen Ge- 
sichtspunkt, der Treue im Fahneneid, insofern das MStGB. nicht 
genügend Rechnung trägt, als es die Würdigung dieses Momen- 
tes lediglich der Strafausmessung überläßt. Man kann darüber 
streiten, ob nicht, solange der Meineid und Falscheid vor Gericht 
strafbar sind, auch der Bruch des Fahneneides besonders bestraft 
werden müsse, daß auch hier „die irdische Gewalt strafend und 
rächend einschreiten müsse, wo Gottesfurcht nicht von dem Eid- 
bruch abzuhalten vermag“. Folgerichtig, wie gesagt, wäre das 
nicht, entspräche aber vielleicht mehr der Bedeutung und Heilig- 
keit des Eides, als die heutige Uebung, die nur die Pflichtver- 
letzung, die strafrechtlich leichter faßbar und als bestimmter Tat- 
bestand erscheint, bestraft, den Eid oft gar nicht erwähnt, ıhn so 
als leere Form manchem erscheinen läßt, und nur bei wiederein- 
gebrachten Fahnenflüchtigen eine Verweisung auf den Diensteid 
und eine Erinnerung an die Erfüllung der daraus hervorgehenden 
Pflichten „auf eine feierliche eindringliche Weise“ durch Allh. 
Kab.O. vom 9. März 1833 Ziff. 2 vorschreibt. 
Diese Pflichten, das sachliche Objekt des Eides, sind 
1. daß ich Sr. Majestät... in allen Vorfällen zu 
65 DıeTz a. a. O. XIII S. 480. 
6° v, RÖNNE-ZORN, Das Staatsr. d. Preußischen Monarchie. 5. Aufl. 
Leipzig 1906. II S. 82. 
6° vw, KLass, Wie lernt man instruieren? 2. Aufl. Berlin 1900. 8. 8.
	        
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