— 14 —
Wenn also ein nichtvereidigter Fahnenflüchtiger sich auf die
unterbliebene Eidesleistung beruft, so ist, wie DIETZ © mit Recht
ausführt, diese irrige Meinung als strafrechtlicher Irrtum uner-
heblich, kann aber zu einer milderen Beurteilung bei Festsetzung
des Kraftmaßes führen.
Andererseits müßte in der Strafzumessung bei dem, der den
Fahneneid geschworen und in der zur Verurteilung stehenden
Pflichtverletzung gebrochen hat, dieser Umstand stets erschwerend
ins Gewicht fallen. v. RÖNNE® sieht einen schweren gesetz-
geberischen Fehler darin, daß dem ethischen und nationalen Ge-
sichtspunkt, der Treue im Fahneneid, insofern das MStGB. nicht
genügend Rechnung trägt, als es die Würdigung dieses Momen-
tes lediglich der Strafausmessung überläßt. Man kann darüber
streiten, ob nicht, solange der Meineid und Falscheid vor Gericht
strafbar sind, auch der Bruch des Fahneneides besonders bestraft
werden müsse, daß auch hier „die irdische Gewalt strafend und
rächend einschreiten müsse, wo Gottesfurcht nicht von dem Eid-
bruch abzuhalten vermag“. Folgerichtig, wie gesagt, wäre das
nicht, entspräche aber vielleicht mehr der Bedeutung und Heilig-
keit des Eides, als die heutige Uebung, die nur die Pflichtver-
letzung, die strafrechtlich leichter faßbar und als bestimmter Tat-
bestand erscheint, bestraft, den Eid oft gar nicht erwähnt, ıhn so
als leere Form manchem erscheinen läßt, und nur bei wiederein-
gebrachten Fahnenflüchtigen eine Verweisung auf den Diensteid
und eine Erinnerung an die Erfüllung der daraus hervorgehenden
Pflichten „auf eine feierliche eindringliche Weise“ durch Allh.
Kab.O. vom 9. März 1833 Ziff. 2 vorschreibt.
Diese Pflichten, das sachliche Objekt des Eides, sind
1. daß ich Sr. Majestät... in allen Vorfällen zu
65 DıeTz a. a. O. XIII S. 480.
6° v, RÖNNE-ZORN, Das Staatsr. d. Preußischen Monarchie. 5. Aufl.
Leipzig 1906. II S. 82.
6° vw, KLass, Wie lernt man instruieren? 2. Aufl. Berlin 1900. 8. 8.