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Landesherrn und dem Gehorsam gegenüber dem Kaiser ist durch
die Bundestreue der deutschen Fürsten ausgeschlossen. — Es ist
nach alledem unrichtig, daß die „Verpflichtung zum Gehorsam
allen anderen vorgeht und im Konfliktsfall die entscheidende ist“,
wie SCHULZE® will, oder gar „daß sie den ganzen militärischen
Inhalt des Fahneneides erschöpft“, wie BROCKHAUS®® sagt. Wohl
liegt in der Gehorsamspflicht der „reichsgesetzliche Schwer-
punkt des Eides“°®” — das bestätigt Art. 64 RV. — aber nicht
der Schwerpunkt des Eides überhaupt.
Wohl sind durch die Befehlsgewalt des Kaisers die Rechte
der Landesherren beschnitten, aber daraus folgt nicht, daß sie „gar
nicht mehr fähig sind, für sich einen militärischen Eid entgegen-
zunehmen“ °®, oder daß sie, wie BORNHAK °° will, eine Dienstherr-
lichkeit nicht mehr haben. Der militärische Dienst wird nach
wie vor dem Heimatstaat, die militärische Treue nach wie vor
dem Landesherrn geschuldet.
Die Treue ist immer nur eine und gebührt nur Einen.
BROCKHAUS, der Gehorsam und Treue weder juristisch bestimmt,
noch reinlich scheidet, postuliert eine „Subordinationspflicht“ ge-
gen den Kaiser, in der die militärische Treue entbalten sei”. Das
ist unrichtig. Die militärische Treue ist die eine Untertanentreue
in ihrer Anwendung auf militärische Verhältnisse. SCHULZE °'
selbst kommt zu dem Ergebnis, daß „die jedem Untertan ob-
liegende Treue gegen den Landesherrn durch den Fahneneid so-
wohl eine religiöse Verstärkung als eine Erweiterung auf die
militärischen Verhältnisse erhält‘. Daß die Treue des Unter-
85 SCHULZE a. a. OÖ. II S. 267.
86 BROCKHAUS a. a. OÖ. S. 204,
8” SCHULZE a. a. O. II S. 267.
88 BROCKHAUS a. a. O. S. 120.
89 BORNHAK, Preußisches Staatsrecht. 2. Aufl. Berlin 1914. III S. 44.
%° BROCKHAUS a. a. O. S. 88. 118 ff. 204. Dagegen LABAnND, in diesem
Archiv III. 523.
%ı SCHULZE a. a. O. S. 267.