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tanen beim Militär sich am sichtbarsten unter Preisgabe eige-
nen Willens und Vorteils, unter Hingabe des eigenen Lebens
bewähren muß, macht die militärische Treue nicht zu einer
besonderen Art der Sukordination, läßt sie viel weniger im Ge-
horsam aufgehen. Das Hindernis, das der Fahneneid der Fiktion
von der Einheitlichkeit des Heeres entgegensetzt, läßt sich nicht
dadurch umgehen, daß man zuwider seinem klaren Wortlaut und
seiner historischen Entstehung die spätere Einfügung, die Gehor-
samspflicht gegen den Kaiser, zur Hauptsache macht, und die Treue
gegen den Landesherrn „als bedeutungslose Förmlichkeit“, die man
„in schonender Weise“ habe stehen lassen, beiseite schiebt’, auch
nicht dadurch, daß man die militärische Treue in den Gehorsam
hinein- und aus der Untertanentreue herausinterpretiert.
Die Treue, als Selbsteinsetzung, kann ihrer Art nach nur
Einem geleistet werden, dem historischen Brauch nach nur einer
Person”. Beim Fahneneid ist das der Landesherr, dem auch
der Gehorsam gegenüber dem Kaiser zugesichert wird, und der
diesen Gehorsam durch Seine Bundestreue garantiert. Wenn die
Offiziere der in den Preußischen Armeeverband aufgenommenen
Kontingente dem König von Preußen im Fahneneid und dem
Landesherrn ihres Heimatstaates im Revers oder Handgelöbnis
ebenfalls Treue zusichern, so spiegelt sich darin — wie schon
oben angedeutet — die doppelte Stellung des Offiziers, der im
Diensteid ähnlich dem Beamten, und im Untertaneneid, hier im
Revers oder Handgelöbnis, als Soldat Treue verspricht”. Doch
soll nicht verschwiegen werden, daß dies zweiseitige Treuverspre-
chen ebenso gegen Begriff und Bedeutung der Treue ist, wie wenn
dem außerhalb seines Heimatstaates dienenden Soldaten zu Pro-
9? BORNHAK a. a. O.S. 44.
% Vgl. Huyssen a. a. O. nicht der Fahne vgl. Niısmann, Mil.Hand.Wb.
2. Ausg. Stuttgart 1881. S. 278.
% BROCKHAUS a. a. O. S. 122 folgert hieraus, daß die Untertanentreue
keine militärischen Pflichten enthält.