Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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tanen beim Militär sich am sichtbarsten unter Preisgabe eige- 
nen Willens und Vorteils, unter Hingabe des eigenen Lebens 
bewähren muß, macht die militärische Treue nicht zu einer 
besonderen Art der Sukordination, läßt sie viel weniger im Ge- 
horsam aufgehen. Das Hindernis, das der Fahneneid der Fiktion 
von der Einheitlichkeit des Heeres entgegensetzt, läßt sich nicht 
dadurch umgehen, daß man zuwider seinem klaren Wortlaut und 
seiner historischen Entstehung die spätere Einfügung, die Gehor- 
samspflicht gegen den Kaiser, zur Hauptsache macht, und die Treue 
gegen den Landesherrn „als bedeutungslose Förmlichkeit“, die man 
„in schonender Weise“ habe stehen lassen, beiseite schiebt’, auch 
nicht dadurch, daß man die militärische Treue in den Gehorsam 
hinein- und aus der Untertanentreue herausinterpretiert. 
Die Treue, als Selbsteinsetzung, kann ihrer Art nach nur 
Einem geleistet werden, dem historischen Brauch nach nur einer 
Person”. Beim Fahneneid ist das der Landesherr, dem auch 
der Gehorsam gegenüber dem Kaiser zugesichert wird, und der 
diesen Gehorsam durch Seine Bundestreue garantiert. Wenn die 
Offiziere der in den Preußischen Armeeverband aufgenommenen 
Kontingente dem König von Preußen im Fahneneid und dem 
Landesherrn ihres Heimatstaates im Revers oder Handgelöbnis 
ebenfalls Treue zusichern, so spiegelt sich darin — wie schon 
oben angedeutet — die doppelte Stellung des Offiziers, der im 
Diensteid ähnlich dem Beamten, und im Untertaneneid, hier im 
Revers oder Handgelöbnis, als Soldat Treue verspricht”. Doch 
soll nicht verschwiegen werden, daß dies zweiseitige Treuverspre- 
chen ebenso gegen Begriff und Bedeutung der Treue ist, wie wenn 
dem außerhalb seines Heimatstaates dienenden Soldaten zu Pro- 
  
  
9? BORNHAK a. a. O.S. 44. 
% Vgl. Huyssen a. a. O. nicht der Fahne vgl. Niısmann, Mil.Hand.Wb. 
2. Ausg. Stuttgart 1881. S. 278. 
% BROCKHAUS a. a. O. S. 122 folgert hieraus, daß die Untertanentreue 
keine militärischen Pflichten enthält.
	        
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