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tokoll eröffnet wird, daß er auch dem Kontingentsherrn, unter
dem er dient, Treue zu halten habe”. — Auch die historische
Ueberlieferung, daß die Treue nur einer Person geleistet werde,
hat ihre Ausnahmen, so im Eid der Hamburger usw. an den hohen
Senat. Die Treue zum Vaterland läßt sich von der Königstreue
nicht trennen. Vielmehr gebietet die Treue zum König — was
hier erörtert wurde, waren staatsrechtliche Unterscheidungen —
dem Soldaten, wie Kr.Art. 6 es ausdrückt,
bei allen Vorfällen im Krieg und im Frieden mit Aufbietung aller seiner
Kräfte, selbst mit Aufopferung des Lebens, jede Gefahr von Seiner
Majestät dem Kaiser, dem Landesherrn (in Bayern: von
Seiner Majestät dem König) und dem Vaterlande abzuwehren.
Hier sei noch die Frage gestreift, ob die Treue eine Rechts-
pflieht ist; auch BROCKHAUS * hält sie dafür, besonders V. RÖNNE
betont diese Eigenschaft — oder ob sie lediglich als moralische
Verbindlichkeit erscheint, wie BORNHAK” behauptet. Daß der
Fahneneid Rechtspflichten bestärkt, gesteht BORNHAK zu: den Ge-
horsam nennt er ausdrücklich, aber auch ausschließlich Rechts-
pflicht. Es ist nicht einzusehen, warum die Treue anderer Natur
sein sollte. Sollte der Unterschied darin liegen, daß sie unbedingt
und unbegrenzt ist? Unbedingt ist, abgesehen von der in $ 47
MStGB. gegebenen Einschränkung, der Gehorsam auch. Oder
darin, daß sie nicht erzwungen werden kann? Das kann der Mut,
der so gut wie die Treue in der Charakteranlage wurzelt, schließ-
lich auch nieht. $$ 84 ff. MStGB. bestraft nicht die Feigheit,
sondern deren Aeußerungen, ebenso werden nur die Aeußerungen
der Untreue bestraft. Selbst wenn die Treuverpflichtung nur
durch den Eid begründet würde, selbst wenn sie nicht in an-
derweiten Bestimmungen gefordert (vgl. Kr.Art. 2, der auf die
im Fahneneid gelobte Treue zurtickverweist, 6, 7) und nicht vom
MStGB. als bestehende Rechtspflicht vorausgesetzt wäre, wäre sie
#5 POTEN &. a. O. 8. 72.
9% BROCKHAUS a. a. O. S. 119.
9" BORNHARK a. 2. 0. S. 44.