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Rechtspflicht. Denn wenn eine bloße Rechtsvorschrift Rechts-
pflichten begründet, wieviel mehr ein rechtlich vorgeschriebenes
Versprechen und gar der vom Gesetz normierte Eid. Ebensowenig
wie andere Sicherungsmittel, Bürgen, Verpfändungen, kann der
Eid, ebensowenig wie andere eidliche usw. Verpflichtungen, von
denen StGB. $$ 153 ff. und noch neuerdings die Handelsgesetz-
novelle vom 10. Juni 1914 handeln, kann der Fahneneid als
bloße feierliche Form und sein Hauptinhalt, die Treupflicht, als
bloße moralische Verbindlichkeit abgetan werden.
2. a) Wenn der Soldat schwört: „die mir vorgelesenen
Kriegsartikel und die mir erteilten Vorschriften
und Befehle genau zu befolgen“, so ist darin zu dem
Treueid der Gehorsamseid gegeben”. Von dem Wesen des Ge-
horsams, und davon, daß dem Kaiser unbedingter Gehorsam, der
auf Grund der Reichsverfassung allemal vor geht, gebührt, war
schon die Rede. Statt „die mir vorgelesenen Kriegsartikel“ sagen
Offiziere, die im übrigen einen besonderen Diensteid nicht schwö-
ren, „die Kriegs- und Dienstgesetze“. Daraus folgt, daß die Kriegs-
artikel (trotz Kr.Art. 15 Abs. 2) nur für Mannschaften gelten.
Sowohl ihrer Entstehung wie ihrem Inhalt nach. Daraus folgt
aber nicht, daß die Kriegs- und Dienstgesetze — der Begriff
Dienstgesetze umfaßt die Kriegsgesetze — für die Mannschaften
nicht gelten. Vielmehr sind diese Gesetze in „den mir erteilten
Vorschriften und Instruktionen* einbegriffen, deren Befolgung be-
schworen wird. Daraus folgt ferner nicht, daß die Kriegsartikel
nicht zu den Dienstgesetzen gehören, daß sie keine rechtliche Be-
deutung haben. Diese kommt ihnen nach der herrschenden Mei-
nung sowohl nach ihrem Inhalte (sie wiederholen die Normen des
MStGB. zum Teil, zum Teil geben sie eine militärische Standes-
#8 Den Fahneneid bezeichnet v. ALTEN, Handb. 8. 471 nur als „Treu-
eid“. Nach FROBENIUS, Mil.-Lex., Berlin 1901, S. 193 wird Treue und mi-
litärische Pflichterfüllung, nach v. BıTTER, Hb. d. Preußischen Verwaltung.
2. Aufl, Leipzig 1911. I. S. 554 Treue und Gehorsam darin versprochen.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXV. 2. 14