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steten Hinweis auf analoge Hamburger Verhältnisse der Zusammenhang
der Rechtsentwicklung Bremens und Lübecks mit der mächtigeren Schwester-
stadt gewahrt. Durch den glücklichen Gedanken einer vergleichenden Dar-
stellung kommen die behandelten Fragen erst ins rechte Licht.
Der erste Abschnitt des Werkes, die geschichtliche Einleitung schildert
die äußere Entwicklung der Hansestädte von fürstlichen und geistlichen
Stadtgründungen zu freien Reichsstädten des alten Deutschen Reiches und
zu selbständigen Staaten und Gliedern des neuen Deutschen Reiches sowie
ihre Verfassungsgeschichte, die nach zwei Perioden — die Periode der
reichsstädtischen Verfassung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts und die
Periode der Bildung und Weiterentwicklung der heutigen staatlichen Ver-
fassung — dargestellt wird.
Der zweite Abschnitt behandelt den allgemeinen Charakter der beiden
Stadtstaaten Bremen und Lübeck, ihre Stellung zum Reiche und das Wesen
ihrer Verfassungen. Hiebei weist der Verfasser darauf hin, daß die Hanse-
städte sich in die herkömmliche Einteilung der Republiken in Demokratien
und Aristokratien nicht ohne weiteres einreihen lassen, denn ihre Verfas-
sungen entsprechen weder dem Typus einer Aristokratie im Sinne von
Klassenherrschaft noch einer Demokratie im Sinne einer ausschlaggebenden
Stellung des Willens der Volksgesamtheit,. Die Grundlagen sind demokra-
tisch, aber in der Art der Abgrenzung des Bürgerrechts, der Abstufung
des Wahlrechts zur Bürgerschaft, der Ausgestaltung der Wahl in den Senat,
der lebenslänglichen Stellung der Senatoren enthalten die Verfassungen
aristokratische Elemente. Träger der Staatsgewalt sind Senat und Bürger-
schaft. Sie sind gleichberechtigte selbständige höchste Organe des Staates
und üben die höchste Staatsgewalt in ihrem Zusammenwirken aus. Die
Stellung der Bürgerschaft unterscheidet sich daher wesentlich von der der
Landtage in den deutschen Monarchien. Sie hat das Selbstversammlungs-
recht; sie kann vom Senate weder vertagt, geschlossen oder aufgelöst wer-
den, Sie wirkt, indem die an der Spitze der einzelnen Verwaltungszweige
stebenden Deputationen aus Mitgliedern des Senates und der Bürgerschaft
bestehen, an der Staatsverwaltung mit. Gerade in diesem Zusammenwirken
von Senatoren und Bürgern in der täglichen Arbeit im Staate, in dieser
Selbstverwaltung, auf der hier die Staatsverwaltung beruht, liegt — wie
der Verfasser hervorhebt — die Eigentümlichkeit der hansertädtischen
Selbständigkeit. Sie gibt daher dem Senate und der Bürgerschaft eine
wesentlich andere Stellung, als Regierung und Parlament in den deutschen
Monarchien sie besitzen.
Im dritten Abschnitt werden die Grundlagen des Staates erörtert: das
Staatsgebiet und das Staatsvolk (Erwerb und Verlust der Staatsangehörig-
keit und des Staatsbürgerrechtes, Rechtsstellung der Staatsbürger, Staats-
angehörigen und Ausländer, Grundrechte),
Der umfangreichste Abschnitt — der vierte — ist der Organisation