Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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der im systematischen Teil behandelten Gegenstände mehr als ausgeglichen 
ist.) In einem bescheidenen Bande fanden sich damals nach einer kurzen 
philosophischen Einleitung über Recht und Rechtswissenschaft eine Reihe 
von knappen Abrissen, die die verschiedenen Materien des Rechtes, wie 
sie im wesentlichen gewohnheitsrechtlichen Ursprungs waren, in der Haupt- 
sache in historischer Uebersicht behandelten. Ganz anders die Neubearbei- 
tung KOHLERsS und vor allem die fünf Bände der zweiten Auflage, deren 
Anzeige diese Zeilen gewidmet sind. 
Das Programm der historischen Schule ist heute, bei aller Regsamkeit 
der historischen Forschung, überwunden. Das praktische Bedürfnis hat 
den Widerstand gegen die Gesetzgebung, der ihr eigentlich belebendes 
Moment bildete, gebrochen und auf allen Gebieten des Rechts mehr oder 
weniger umfassende Gesetze und Kodifikationen hervorgebracht, die nicht 
nur in den inneren Gehalt, sondern vor allem auch in die äußere Form 
unseres Rechtes erheblich eingegriffen haben. Diese Veränderung des 
Rechtszustandes spricht sich in den verschiedenen Auflagen der Enzyklopädie 
und vor allem in den beiden jüngsten Auflagen deutlich genug aus. Das 
Historische bildet nicht mehr den eigentlichen Kern des Werkes, sondern 
im Vordergrund steht die Systematik des geltenden Rechtes und 
wenn auch die Rechtsgeschichte keineswegs daraus verschwunden ist, so 
ist sie doch gegen die Systematik zurückgetreten, indem sie nach Umfang 
und Anordnung nicht mehr als eine das Verständnis des geltenden Rechtes 
bedingende Einleitung bilden will. 
Aber noch nach einer anderen Richtung fällt die Verschiedenheit dieser 
Neubearbeitung von der alten Enzyklopädie in die Augen. In die Zeit von 
ihrer Entstehung bis zur Gegenwart fällt die ungeheure Entwicklung der 
Wissenschaft des öffentlichen Rechtes, das heute, nachdem es lange 
genug hinter den zivilistischen Disziplinen zurückgestanden hatte, in be- 
zug auf die wissenschaftliche Durcharbeitung ebenbürtig neben diese ge- 
treten ist und in der Literatur wie im Unterricht einen mindestens ebenso 
breiten Raum wie diese einnimmt. Auch dies kommt in der Enzyklopädie 
zum Ausdruck. Während der erste Band der philosophischen und histo- 
rischen Einleitung in das geltende Recht gewidmet ist, der zweite und 
dritte das Zivil- und Prozeßrecht behandelt, bieten die beiden letzten 
Bände eine so umfangreiche Bearbeitung des gesamten Öffentlichen Rech- 
tes, wie sie in keiner der früheren Auflagen unternommen war und vor 
allem gewaltig über das bescheidene Maß der ersten Auflage hinausgeht, 
die für das ganze Staats-, Verwaltungs- und Völkerrecht nicht einmal 
300 Seiten zur Verfügung hatte. (In der Neubearbeitung sind es über 
1100 Seiten!) Damit ist natürlich das räumliche Anwachsen des ganzen 
Werkes verbunden gewesen, das von den 823 Seiten der ersten Auflage 
auf mehr als 2600 Seiten gestiegen ist. 
Trotz dieser erheblichen äußeren und inneren Veränderungen ist je-
	        
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