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pflicht bestimmen wollte, entscheidet sich der Verfasser nach Erörterung
der bestehenden Ansichten für die erste Alternative. Den gleichen Rechtszu-
stand findet E. bei den von der Verfassung (nach E. ohne Rücksicht auf
die Glaubenszugehörigkeit der natürlichen Eltern) geregelten Religions-
verhältnissen der unehelichen Kinder. Hier wie dort zeige sich nirgends
ein gesetzlicher Anhaltspunkt für die Berechtigung eines staatlichen
Zwanges zu einem kirchlichen Verhalten.
Nach einer kurzen Darstellung der praktischen Behandlung der Frage
in der administrativen Praxis und in der Rechtsprechung des bayerischen
Verwaltungsgerichtshofes geht der Verfasser zum zweiten Punkt seines
Themas über, dem Zwange zu religiöser Betätigung in der Schule. Hier
betritt der Verfasser — wenn ich so sagen darf — politisch heißen Boden.
Ich verweise nur auf die parlamentarischen Erörterungen in der Kammer
der Abgeordneten gelegentlich der letzten Beratungen über den Kultusetat
(vgl. den Landtagsbericht in der Bayer. Staatszeitung Nr. 280 vom 1. X.
13), wo die Staatsregierung unter ausdrücklichem Hinweis auf die ein-
schlägigen Verfassungsbestimmungen und die darin jedem Staatseinwohner
garantierte Gewissensfreiheit zwar ausdrücklich die Frage ver-
neinte,obschulpflichtige Kinder, deren Eltern in Ausübung
ihrer Erziehungsgewalt verlangen, daß diese Kinder nicht einem religiösen
Unterricht zugeführt, sondern freireligiös erzogen werden sollen, trotzdem
zwangsweise dem konfessionellen Unterricht zuge-
führt werden können, anderseits aber die Frage, wie es mit der
staatlichen Genehmigung des konfessionslosen Moral-
unterrichts stände, als z.Z. noch nicht geklärt, daher einer eingehen-
den Nachprüfung bedürftig erklärte. Dem Vernehmen nach steht, veran-
laßt durch eine Entschließung der pfälzischen Kreisregierung über die
Regelung des freireligiösen Volksschulunterrichts in Ludwigshafen a. Rh.,
eine ministerielle Entscheidung unmittelbar bevor, die von dem Gedanken
getragen sein soll, daß der konfessionslose Moralunter-
richt nichtals Ersatz für den Religionsunterricht an-
gesehen werden darf. Als Kundgebung der Staatsregierung zur
Frage des religiösen Volksunterrichtes sind aus neuester Zeit auch die in
den Kgl. Verordnungen vom 22. XII. 13 über die Schulpflicht und über die
Berufsfortbildungsschulen (GVBl. S. 957 ff., 966 ff.) enthaltenen Bestimmun-
gen über den Religionsunterricht, die religiöse Erziehung und das geist-
liche Ueberwachungsrecht anzusprechen.
Der Verfasser, dessen Arbeit diesen Vorgängen vorausgeht, behandelt
den Religionsunterricht nach bayerischem Volks- und Mittelschulrecht vor
wie nach dem Inkrafttreten der Verfassung, erläutert in eingehender Aus-
legung den Begriff „religiöser Volksunterricht* ($ 38d. Rel.Ed.), mit dem
die Verfassung nur den kirchlichen Unterricht, die Katechese usw.
bezeichnen wolle, nicht aber den religiösen Unterricht an öffentlichen Unter-
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