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richtsanstalten, und gelangt nach entsprechender Würdigung der staatlich
geübten Praxis, der er die rechtliche Begründung abspricht, zu dem Er-
gebnis, daß sich der gegen Eltern und Schüler richtende staatliche Zwang
zum Besuche des Religionsunterrichts und zur Vornahme religiöser Hand-
kungen als verfassungswidrig, daher ungesetzlich erweise. Glaube der Staat,
die Erziehung des jungen Staatsvolks auf religiöser Grundlage durchführen
zu müssen, so könne das nach gegenwärtigem Verfassungsrecht nur da-
durch geschehen, daß der Staat die religiöse Unterweisung und die Gelegen-
heit zur Vornahme religiöser Akte zur fakultativen Benutzung dar-
bietet.
Die sehr gewandt geschriebene Arbeit befleißigt sich tunlichster Sach-
lichkeit und kann bei einer ernsthaften Erforschung des umstrittenen Pro-
blems über die zwangsweise religiöse Betätigung auf dem Gebiete der
Kindererziehung keinesfalls als Behelf entbehrt werden.
Speyer a. Rh., Juni 1914. Dr. Hellmuth.
Dr. jur. Jakob Buser, Die rechtliche Stellung der Postan-
staltnachschweizerischem Recht. Chur 1913. Verlag
Bischofberger & Hotzenköcherle. 144 S. 2.50 Fr.
Die in diesem Buche vereinigte Arbeit geht über den Buchtitel weit
hinaus. Der Verfasser bringt nicht allein eine systematische Darstellung
des in der Schweiz geltenden Postrechts, er liefert vielmehr einen sehr
beachtenswerten, von den (wenn ich so sagen darf) Spezialisten auf dem
Gebiete des Postrechtes und des Verkehrsrechtes überhaupt aufs lebhafteste
zu begrüßenden weiteren Beitrag zur Lehre von den öffentlichen Anstalten,
denen er die Postanstalt in jeder Beziehung zuzählt. Neben dem schwei-
zerischen Rechte nimmt das deutsche Staats- und Verkehrsrecht einen
breiten Raum in der ganzen Darstellung ein. Wir haben hier zum wieder-
holten Male die bemerkenswerte Erscheinung, daß die Grundsätze des
deutschen Postrechtes und die hierüber entstandene Literatur als Vorbild
und Gegenstück von einem Autor eines benachbarten Staatsgebietes deut-
schen Stammes benutzt wurden, um eine gründliche und kritische Betrach-
tung über die juristische Seite einer der wichtigsten modernen Verkehrs-
einrichtungen aller heutigen Kulturstaaten anzustellen.
Als einen Vorläufer Busers, eines Beamten der Oberpostdirektion in
Bern, erachte ich den österreichischen Postjuristen NAWIASKY, k. k. Post-
kommissär im Österreichischen Handelsministerium zu Wien. NAWIASKY
schrieb ein Buch: „Deutsches und österreichisches Postrecht. Ein Beitrag
zur Lehre von den öffentlichen Anstalten“ (Wien 1909, Manzsche k. u, k.
Hof-Verlagsbuchhandlung), das in seinen einleitenden Kapiteln (Geschichte
der öffentlich- und privatrechtlichen Auffassung des Postrechtes; Haupt-
argumente der öffentlich- und privatrechtlichen Theorie vor OTTO MAYER,
die Theorie der öffentlichen Anstalt; die Anstaltsheorie und das geltende