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günstigung, die zurzeit die schwächere ist, weil nur dadurch die
Aussicht verstärkt werden kann, diese Mittellinie zu erreichen.
Daß heute noch die Friedensbewegung die schwächere ist, steht
wohl außer Zweifel.
II.
Dem hier erwähnten Einwande hat die Friedensbewegung
bereits in gewissen Umfange Rechnung getragen, indem sie ihren
grundsätzlichen Standpunkt nicht unerheblich verändert hat. Ur-
sprünglich hatte sie als Forderung aufgestellt, Kriege überhaupt
unmöglich zu machen. Sie verlangte, daß alle Streitigkeiten
der Völker in derselben Weise durch Richterspruch erledigt wer-
den sollten, wie dies innerhalb eines Staates durch dessen Organe
geschieht. In neuerer Zeit dagegen hat man ein so weit gestecktes
Ziel fallen gelassen und sieht die Aufgabe nur darin, alles zu
tun, um die Kriege zu vermindern. Auf der andern Seite
hat man dagegen das Programm erweitert, indem man betont,
daß die bloße Verhinderung des Krieges noch nicht ausreiche,
befriedigende Verhältnisse zu schaffen. Der heutige Zustand der
Dinge, den man als den des „anarchischen Friedens“
bezeichnet, sei kaum besser als der Krieg, denn er laufe darauf
hinaus, daß der schwächere Staat, so lange nicht an ihn Forde-
rungen gestellt würden, die er nicht erfüllen könne, ohne seine
Existenz aufzugeben, es freilich nicht zum Kriege kommen lasse,
sondern sich freiwillig unterwerfe, daß aber trotzdem lediglich die
Macht den Ausschlag gebe. Dieser Zustand müsse beseitigt und
durch einen andern ersetzt werden, in dem nicht die Gewali,
sondern das Recht entscheide und Vorsorge getroffen sei, um
dessen Forderungen zu verwirklichen.
Das Mittel zur Erreichung dieses Ideals sieht man in einem
internationalen Staatenbunde. Das bisherige System, bei
dem entweder von Fall zu Fall Schiedsgerichte gebildet würden,
oder ihre Einsetzung freilich allgemein erfolge, aber sich auf
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