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Das Abkommen von 1899 bleibt in Kraft für die Be-
ziehungen zwischen den Mächten, die es unterzeichnet haben,
die aber das vorliegende Abkommen nicht gleichermaßen rati-
fizieren sollten. *
Nimmt man nun diese Klausel mit der vorangehenden All-
beteiligungsklausel des Art. 2 zusammen, so ergeben sich fol-
gende Entscheidungen der einzelnen Fälle. Dabei seien der
Kürze halber die Staaten, die das alte und das neue Abkommen
ratifiziert haben, „Neuvertragsmächte“, diejenigen, die bloß das
alte, aber nicht das neue ratifiziert haben, „Altvertragsmächte*,
diejenigen, die weder das alte noch das neue ratifiziert haben,
„Nichtvertragsmächte“ genannt.
1) Es sind nur Neuvertragsmächte am Kriege beteiligt. Dann
ist das neue Abkommen maßgebend, so Art. 4 Abs. 1.
2) Es sind nur Altvertragsmächte am Kriege beteiligt. Art. 4
Abs.2 bestimmt für diesen Fall, daß das alte Abkommen maßgebend
sein solle. Dies trifft zu; aber es ist auch sachlich von Wert zu
erkennen, daß Art. 4 Abs. 2 dies nicht wirksam bestimmen konnte.
Die Mächte, die das neue Abkommen nicht ratifiziert haben,
haben damit auch den Art. 4 Abs. 2 nicht ratifiziert, dieser hat
also für sie keinerlei Kraft. Es ist ein Widerspruch in sich
selbst, wenn Art. 4 Abs. 2 etwas für Mächte bestimmen will,
die gar nicht Vertragsparteien sind. Hätte wirklich ein Auf-
hebungsgrund für das alte Abkommen schlechthin vorgelegen, so
würde Art. 4 Abs. 2 jedenfalls nicht die Kraft gehabt haben,
es aufrecht zu erhalten. Der Grund vielmehr, warum das alte
Abkommen zwischen den Altvertragsmächten fortbesteht, ist ein-
fach der, daß diese Mächte es nicht durch neuen Vertrag aufge-
hoben und auch nicht gekündigt haben. Der Vertrag zwischen
den Neuvertragsmächten aber war nicht imstande, den Vertrag
aufzuheben, der zwischen den Altvertragsmächten bestand, wenn
diese sich an dem neuen Vertragschluß nicht beteiligten.
3) Eine Neuvertragsmacht steht einer oder mehreren Alt-