— 247 —
Schiedsspruch mit Zwangsgewalt zur Durchführung zu bringen.
Auch die gemachten Erfahrungen sprächen für diese Auf-
fassung. Die bisherigen Schiedsgerichtsverträge beschränkten sich
entweder auf kleinere Staaten, oder auf die Entscheidung eines
einzelnen Streitfalles, oder enthielten, wenn sie allgemeiner abge-
faßt seien, die Klausel, daß Lebens- und Ehrenfragen von dem
Verfahren ausgeschlossen seien, wobei jeder Staat sich vorbehalten
habe, selbst zu bestimmen, ob ein bestimmter Streit unter diesen
Gesichtspunkt falle.
Endlich sei zu berücksiehtigen, daß ein Schiedsspruch eine
materielle Rechtsnorm voraussetze, auf die er sich stütze.. An
einer solehen aber fehle es. Insbesondere sei das Völkerrecht
bisher viel zu wenig entwickelt, um solehe Normen zu bieten.
Es müsse deshalb, bevor an eine umfassendere Anwendung des
internationalen Schiedsgerichtsverfahrens gedacht werden könne,
mindestens erst auf diesem Gebiete eine wesentlich breitere und
festere Grundlage geschaffen sein.
V.
Die meisten dieser Einwendungen müssen als im wesentlichen
bereehtigt anerkannt werden, und der Grund für die bisherigen
geringen Erfolge der Friedensbewegung ist darin zu finden, daß
sie ihnen keine Rechnung getragen hat. Aber das darf nicht
dahin führen, sie grundsätzlich zu verwerfen, sondern kann nur
dazu anregen, ihren Vertretern eine Revision des Programmes zu
empfehlen.
Ein Blick in die Geschichte zeigt, daß auch innerhalb des
Staates die Entwicklung ihren Ausgangspunkt genommen hat von
einer weitgehenden Selbsthilfe der einzelnen, diese aber in immer
steigendem Maße abgelöst ist durch die Ordnung der Streitig-
keiten seitens staatlicher Organe. Zur Zeit des mittelalterlichen
Fehderechts, um dessen Einschränkung durch das Gebot von
Landfrieden Kaiser und Päpste sich vergeblich bemühten, würde