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Interessenfragen. Die Verschiedenheit beider Arten liegt
auf der Hand. Bei einem Rechtsstreite stehen die Parteien
insofern auf einem gemeinsamen Boden, als sie einig sind in dem
Wunsche, das Recht zur Geltung gebracht zu sehen. Der Streit
pflegt sich zu beziehen entweder auf den Inhalt dieses Rechts,
oder auf den Tatbestand, auf den es angewandt werden soll, oder
auf die Folgen, die sich ergeben, wenn man bemüht ist, den
Tatbestand unter der Beleuchtung des Rechts zu beurteilen. Hin-
sichtlich aller dieser Punkte ist das Eingreifen eines unbetei-
ligten Dritten möglich, wenn die Parteien ihm das Vertrauen
schenken, daß er die für die Entscheidungen erforderlichen Vor-
bedingungen bietet.
Anders liegt es bei den Interessenstreitigkeiten. Hier
fehlt es an einer gemeinsamen Grundlage, vielmehr verfolgt jede
Partei einseitig ihr Interesse und will deshalb das Gegenteil dessen,
was die andere bezweckt. Ein Ausgleich ist nur auf die Weise
möglich, daß ein Punkt gefunden wird, in dem sich die beider-
seitigen Interessen decken. Ein soleher wird geboten durch den
Umstand, daß jede Partei damit rechnen muß, daß wenn sie es
auf einen Kampf ankommen läßt, sie der schwächere Teil sein
kann, und daß beide es vorteilhaft finden können, dieses Unsicher-
heitsmoment aus der Welt zu schaffen, indem sie sich über ein
Ergebnis einigen, bei dem jede etwas von ihren Ansprüchen auf-
gibt, um hinsichtlich des Restes die Anerkennung der Gegenpartei
zu erhalten. Indem sie das tut, handelt sie im eigenen Interesse,
da ein Kampf sie der Gefahr aussetzen würde, noch weniger zu
erhalten.
Es könnte scheinen, als ob in solehen Fällen eine Mitwir-
kung dritter Personen unnötg wäre, da beide Parteien
einen ausreichenden Antrieb haben, sich friedlich zu einigen.
Aber auch wenn eine Verständigung sachlich möglich ist, sind
die Parteien häufig durch die unter ihnen bestehende Gereiztheit
verhindert, sie zustande zu bringen. In solchen Fällen kann eine