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überhaupt erhoben ist, und das in der Tat auf den ersten Blick
jede Aussicht auf praktischen Erfolg von vornherein auszuschließen
scheint. Es betrifft die Frage der Vollstreckung. Im Staate
bietet sie keine Schwierigkeit. Mag das Urteil von einem ordent-
lichen oder von einem Schiedsgerichte unter Innehaltung der vor-
geschriebenen Formen gefällt sein, in beiden Fällen erzwingt der
Staat die Befolgung mit den ihm zur Verfügung stehenden Macht-
mitteln. Aber gerade an diesen fehlt es bei Streitigkeiten der
Staaten untereinander, und daraus leiten die Gegner der Friedens-
bewegung die Folgerung ab, daß es grundsätzlich verfehlt sei,
überhaupt den Weg der schiedsgerichtlichen Erledigung zu be-
treten.
So unabweislich diese Schlußfolgerung erscheint, so wenig
ist sie gerechtfertigt.
Zunächst kann die Frage aufgeworfen werden, ob es nicht
möglich sei, die bisher fehlende Zwangsgewalt auf irgend eine
Weise zu schaffen, und in der Tat haben die Vertreter der
Bewegung dies ins Auge gefaßt. Die Stellung, die bei Streitig-
keiten der Staatsbürger die Staatsgewalt einnimmt, und infolge
deren sie in der Lage ist, dem gefällten Urteile Nachdruck zu
verschaffen, soll bei internationalen Streitigkeiten die Gesamtheit
der unbeteiligten Staaten übernehmen. Man will einen Staaten-
bund schaffen, der so organisiert ist, daß Streitigkeiten jeder Art
nicht allein vor einem hierzu berufenen Organe ihre Entscheidung
finden, sondern daß auch Einrichtungen getroffen werden, die es
sicher stellen, daß diese Entscheidung nötigenfalls unter Anwen-
dung von Gewalt vollstreckt wird.
Dieser Gedanke muß als unausführbar angesehen werden.
Zunächst läßt sich der Einwand erheben, daß, wenn der verur-
teilte Staat Widerstand leistet, der Krieg, den man ausschließen
will, schließlich doch geführt werden müßte. Wenn man glaubt,
annehmen zu dürfen, daß das Uebergewicht der für die Durch-
führung des Urteils eintretenden Staaten groß genug sein würde,
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXV. 3. 18