Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

gesagt; wie aber steht es im Verhältnis der Neuvertragsmächte 
zueinander? Gilt zwischen ihnen das neue Abkommen oder 
nicht? Die Antwort scheint zweifellos: das neue gilt, denn 
Art. 4 sagt ausdrücklich, daß das neue Abkommen für die Be- 
ziehungen zwischen den (Neu-)Vertragsmächten an die Stelle des 
alten trete. Trotzdem entstehen hier Zweifel: es kommt darauf 
an, wie man das Verhältnis der Klausel des Art. 4 zu der vor- 
anstehenden Allbeteiligungsklausel des Art. 2 auffaßt. 
Art. 2 sagt, für sich genommen: das neue Abkommen findet 
nur Anwendung, wenn sämtliche Kriegführende Parteien des neuen 
Vertrags sind. Dieser Grundsatz ist unbeschränkt aufgestellt. 
Also würde daraus an sich folgen: ist ein Kriegführender nur 
Altvertragsstaat, nicht Neuvertragsstaat, so findet das neue Ab- 
kommen auch zwischen den Kriegführenden, die Neuvertragsstaaten 
sind, keine Anwendung. Art. 4 sagt, für sich genommen: das 
neue Abkommen findet zwischen den Neuvertragsmächten An- 
wendung anstatt des alten. Auch dies wieder ist unbeschränkt 
gesagt. Also würde an sich folgen: das neue Abkommen findet 
zwischen den Neuvertragsmächten auch dann Anwendung, wenn 
neben ihnen etwa noch eine Altvertragsmacht am Kriege beteiligt 
sein sollte. Beide Klauseln, jede für sich betrachtet, widersprechen 
einander also. Mithin muß die eine zugunsten der anderen ein- 
geschränkt werden: sie gilt nur, soweit nicht die andere Platz 
greift. Es fragt sich demnach, ob Art. 2 oder Art. 4 vorgeht. 
Man kann die zweite Klausel dahin auffassen, daß sie eine 
Einschränkung der Allbeteiligungsklausel enthalte: das neue Ab- 
kommen soll für die Beziehungen zwischen den Neuvertrags- 
mächten unter allen Umständen, auch wenn eine Altvertragsmacht 
am Kriege beteiligt ist, an die Stelle des alten treten; steht also 
eine Neuvertragsmacht zwei Mächten gegenüber, von denen die 
eine ebenfalls Neuvertragsmacht, die andere aber bloß Altvertrags- 
macht ist, so gilt für die Beziehungen jener Neuvertragsmacht 
zu der zweiten Neuvertragsmacht das neue, für ihre Beziehungen
	        
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