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kommission und dotierte sie mit den zur Fortführung der aller-
notwendigsten Landesselbstverwaltung erforderlichen Landessteuern.
Der Verwaltungsgerichtshof erklärte das Patent unter anderem
auch deshalb für gerichtsverbindlich, weil es durch die Erhaltung
des verfassungsmäßig vorgesehenen Landes gefordert sei. Es gilt
somit als selbstverständlich, daß kein Gesetz so unsin-
nig gedacht sei, daß seinem Inhalte gemäß für den Fall des
Eintritts bestimmter Verhältnisse Maßnahmen zur Hintanhaltung
des Untergangs von Staat und Land unterbleiben müssen.
Neuestens hat BINDING, beunruhigt durch die parlamentarischen
Verhältnisse Oesterreichs, das Notwehrrecht des Parlaments gegen-
über einer ausbrechenden Obstruktion als völlig begründet erklärt,
weil es aus dem Wesen und Zweck des Parlaments als ver-
fassungsmäßig geforderter Organisation des Volkes folge. So wird
die Verteidigung des Staates gegen rechtswidrige Angriffe von
innen aus — und nichts anderes ist die auf die Lähmung der
Funktionen des Staates gerichtete Obstruktion — als vom Staat
ebenso selbstverständlich gewollt behandelt, wie die Vertei-
digung gegen äußere Gewalt. Es hängt nur davon, wie viel an
Schärfe des Ausdrucks des staatlichen Wollens gefordert werden
darf, ab, daß die Lehre vom Gesetzesstaat und die von der freien
Rechtsfindung in der Ausfüllung der sogenannten Gesetzeslücken
zusammenkommen. Wie weit reicht die ausdrückliche gesetzliche
Auslegungsdelegation, wie weit kann der Wille des Staates zu
handeln und zu exequieren, auch aus Normen gefolgert werden,
die ihn nicht unmittelbar kundgeben, wie weit darf die
deductio ad absurdum als Mittel der Erkenntnis des
vernünftigen Willens des Staates verwendet werden,
das ist die Frage.
II. Der Rechtsentwicklung wird in diesem Punkte auch die
Giesetzesstaatstheorie gerecht, wenn sie die Geltung von Gewohn-
heitsrecht auch dort, wo sie nicht auf eine ausdrückliche Norm,
nicht auf eine Delegation der Gerichte und Verwaltungsbehörden