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nicht Platz griffe, sondern auch das alte nicht. Denn nach Art. 4
gilt das alte Abkommen für die Beziehungen zwischen den Neu-
vertragsmächten nicht mehr, es ist durch das neue ersetzt; wenn
dieses aber wegen der Allbeteiligungsklausel nicht anwendbar ist,
findet keines von beiden Anwendung: das alte nicht, weil es auf-
gehoben ist, das neue nicht, weil es nach der Allbeteiligungs-
klausel nicht gelten will !?. Wir hätten also das sinnlose Ergebnis,
daß ım Verhältnis der Neuvertragsmächte zu den Altvertrags-
mächten und in dem der Altvertragsmächte untereinander das
alte Abkommen, im Verhältnis der Neuvertragsmächte unterein-
ander aber keines der beiden Abkommen anwendbar wäre.
Muß hiernach die erste Auslegung gebilligt werden, so ist
das Schlußergebnis dieses: Wenn neben Neuvertragsmäch-
ten eine Altvertragsmacht oder mehrere (aber keine
Nichtvertragsmacht) am Kriege beteiligt ist, so fin-
den die drei neuen und die drei alten Abkommen
nebeneinander Anwendung, die neuen für die Be-
ziehungen zwischen den Neuvertragsmächten, die
alten für die Beziehungen zwischen den Neuver-
tragsmächten und den Altvertragsmächten und für
die Beziehungen der Altvertragsmächte unterein-
ander '®,
6) Nicht berücksichtigt ist im bisherigen der Fall, daß eine der
kriegführenden Mächte zwar das neue, aber nicht das alte Ab-
kommen unterzeichnet und ratifiziert hat. Bekanntlich waren die
südamerikanischen Staaten auf der ersten Haager Tagung noch
nicht vertreten, erst an der zweiten nahmen sie teil. Der Fall
ist also wenigstens denkbar, daß eine solche Neuvertragsmacht,
18 Dieser Gedankengang findet sich bei HEILFRON, Preuß. Verwaltungs-
blatt vom 1. Oktober 1914 S. 67, der aber im Ergebnis doch die Anwend-
barkeit des neuen Abkommens bejaht.
18 Anders, wie es scheint, MÜLLER, Weltkrieg und Völkerrecht S. 13;
er sagt bezüglich der Landkriegsordnung, das alte Abkommen gelte „als
Minimum für den jetzigen Weltkrieg für sämtliche kriegführende Staaten“.