Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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Wesen der Rechtsphilosophie S. 21—28, den Begriff des Rechts S. 29—81, 
den Zweck des Rechts S. 82—158, die Geltung des Rechts S, 159—183, 
das Wesen der Rechtswissenschaft S. 194—212. 
Die Rechtsphilosophie ist nach dem Verf. Rechtswertbetrachtung, Rechts- 
teleologie und mithin praktische Philosophie im Sinne der WINDELBAND- 
schen und RıcKk&RTschen Forschungen. Sie handelt vom Recht, das gel- 
ten sollte, vom Wert, Sinn und Zweck des Rechts oder von der Gerech- 
tigkeit. Die Rechtsphilosophie ist die Lehre vom richtigen Recht und kann 
demgemäß im Grunde nur ein Problem haben: den Zweck des Rechts. 
Wenn dennoch drei Grundprobleme (Begriff, Zweck und Geltung) unter- 
schieden werden, so sind die beiden anderen nur als zu selbständiger Er- 
örterung äußerlich abgezweigte Seiten des Zentralproblems anzusehen. RAD- 
BRUCH steht somit auf den Schultern von R. v. IHERING, der nach dem 
Verf. das Programm der historischen Schule erfüllt und überwunden hat, 
und dem wir die Wiedergeburt der Rechtsphilosophie verdanken. 
Die Vernunft gibt zwar, so führt der Verf. mit Recht gegen das Natur- 
recht aus, keine fertigen Rechtssätze für alle Zeiten und Zonen. Auch das 
zweckwidrige Recht hat Geltung. Aber andernteils werden auch durch den 
reinen Positivismus noch nicht die letzten Fragen entschieden. Das nach 
Geschichte und Volksgeist Notwendige ist noch nicht das Richtige. Wirk- 
lichkeit und Wert sind nicht identisch. 
Das richtige Recht des Verf. ist kein geltendes Idealrecht und entbehrt 
der Allgemeingültigkeit. Werturteile sind überhaupt nicht erkenntnis-, 
sondern nur bekenntnisfähig und mithin von nur relativer Geltung. Der 
Verf. ist überzeugter „Relativist“. 
Das richtige Recht des Verf. deckt sich auch nicht mit dem richtigen 
Recht von STAMMLER, der sich an der erfolglosen Aufgabe abmühte, uns 
eine reine, d.h. stoffleere Rechtslehre von Allgemeingültigkeit zu bringen. 
Wenn bei STAMMLER unter der Hand das richtige Recht zum Maßstab für 
konkrete Rechtserscheinungen wie Sklaverei, Polygamie, Despotie usw. wird, 
so ist das hier widerspruchsvoll, und das absolute Werturteil ist erschlichen. 
Bei RADBRUCH aber liegt die konkrete Wertbeurteilung im System und 
bescheidet sich dabei folgerichtig mit der Relativität. 
Die Rechtswertbetrachtung berührt sich mit der Politik, die nach dem 
Verf. eine Untersuchung der richtigen Mittel ist, während die Rechtsphilo- 
sophie den Inhalt eines Rechtsideals herausarbeitet. Praktisch wird das 
aber m. E. kaum auseinanderzuhalten sein. Der zielbewußte politische Zug 
ist geradezu das charakteristische Merkmal der RApDBRucHschen Rechts- 
philosophie. Und zwar ist sie Politik als Wissenschaft. Es handelt sich 
nicht um die parteiische Stellungnahme für irgend ein Rechtsziel; sondern 
aus den Institutionen der Rechtswirklichkeit, den Kundgebungen der Rechts- 
theorie, den Programmen der politischen Parteien und den Aeußerungen her- 
vorragender Persönlichkeiten sollen die Rechtszwecke herausgearbeitet und
	        
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