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philosophie erkennen. Der Rechtsbegriff ist zu bestimmen, die juristischen
Grundbegriffe zu erörtern; durch Rechtsvergleichung ist der Zusammenhang
der verschiedenen Rechte, durch soziologische Ausführungen die Stellung
des Rechts in der (esamtkultur zu erschließen, das Recht als Kulturfaktor
zu würdigen.
Das sind alles Fragen des Empirismus. Auch die Bestimmung des
Rechtsbegriffs? Jede Rechtsphilosophie, gleichgültig, welches Ziel sie sich
setzt, muß mit der Erörterung des Rechtsbegriffs beginnen. Aber hier schei-
den sich schon die Geister. Nach den einen ist der Rechtsbegriff a priori
gegeben, nach den andern empirisch, d. h. aus den positiven Rechtsord-
nungen durch Abstraktion gewonnen.
Der Verf. entscheidet sich (8. 29 ff.) für den Apriorismus, den KAnT!
zu Ehren gebracht und neuestens besonders STAMMLER verteidigt hat:
Recht, Rechtssubjekt, Rechtsobjekt, Rechtsgrund, Rechtsverhältnis, Rechts-
hoheit, Rechtsunterstelltheit, Rechtmäßigkeit und Rechtswidrigkeit, vor
allem aber der Begriff des Rechts selbst werde nicht durch Abstraktion
aus den einzelnen Rechtserscheinungen gewonnen, sondern hier handle es
sich um Gesichtspunkte, mit denen man an jedes positive Recht herantrete,
und die a priori gegeben seien.
Ich kann dem Apriorismus im Recht nicht zustimmen. Es ist nur
Täuschung, daß wir die Begriffe von Recht, Rechtsverhältnis usw. ohne
Induktion gewonnen hätten. Ohne empirische Rechtserfahrung wären wir
niemals zum Rechtsbegriff gelangt. Trotz des Widerspruchs von HEGEL
bleibe ich dabei, daß es sich lediglich um eine Abstraktion aus unseren
empirischen Rechtsvorstellungen handelt. Auch STAMMLER muß es sich
von BINDER? sagen lassen, daß er schließlich doch auch von empirischen
Bewußtseinsvorgängen ausgehe und in empirischen Gedankengängen hänge.
Es gebe keine reinen, d. h. von allem Stoff entkleideten Begriffe, sondern
diese seien aus formalen und materiellen oder aus apriorischen und
empirischen Elementen zusammengesetzt. Formal sei nur die Rechts-
idee, die immer wiederkehrt und von allem Stofflichen befreit, nur ideale
Geltung habe. Aber Rechtsidee bedeutet bei BINDER nicht etwa das be-
kannte kantische Rechtsprinzip?, auch nicht den Bewertungsmaßstab für
1 Dieser meinte: „Eine bloß empirische Rechtslehre ist (wie der höl-
zerne Kopf in Phädrus’ Fabel) ein Kopf, der schön sein mag, nur schade,
daß er kein Gehirn hat.“ Gesammelte Werke (Ausg. Rosenkranz) Bd. 9
S. 32.
? „Rechtsbegriff und Rechtsidee“, Bemerkungen zur Rechts-
philosophie RuDoLF STAMMLERs 1915 S. 22ff. 87. 88. 157. 161. 195. Der
Bınpersche Rechtsbegriff S. 60.
® „Das Recht ist also der Inbegrift der Bedingungen, unter denen die
Willkür des einen mit der Willkür des andern nach einem allgemeinen Ge-