Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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fechtung ($ 20 ff., 57 ff. FGG.) — wieder aufgehoben werden. 
Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, daß der fehlerhafte 
Akt offenbar an irrigen Voraussetzungen krankt°®. 
Sofern nur die Form, das handelnde Organ und der 
Gegenstand seiner Verfügung dem Gesetze entspricht, 
besteht der irrige Staatsakt und verdient von den Staatsorganen 
sowohl als vom Untertan Respekt. Verbindlich sind somit ohne 
weiteres von den oben beispielsweise angeführten Fällen alle die- 
jenigen, bei denen der Vormundschaftsrichter und der am Zustande- 
kommen des Bestellungsakts beteiligte Vormund von falschen 
rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen irrig, aber in gu- 
tem Glauben, ausgegangen sind (Fälle I, 2; 1a—4a)°®”. 
Bleibtes beider Gültigkeit auch in den Fäl- 
len, wo der Irrtum des Richters durch die be- 
wußte Tätigkeit eines Dritten erregt worden 
ist? Ohne weiteres folgt sicher nicht, daß, was für das 
irrende Organ rechtens ist, notwendig auch für das getäuschte zu 
gelten habe. Wenn auch die irrige Vormundsbestellung Wirksam- 
keit besitzt, so kann darum doch die erschlichene mit absoluter 
Nichtigkeit behaftet sein®. Nichtig wäre die erschlichene Be- 
stellung dann, wenn, ohne daß es einer formellen Außerkraft- 
setzung der Verfügung durch das Gericht bedürfte, jeder Behörde 
von Anfang an die Möglichkeit ihrer Ignorierung gegeben wäre. 
Eine solche dem Gemeinen Recht wohlbekannte Einrichtung fehlt 
jedoch im modernen Recht®. Uns erscheint die Pflicht des ge- 
genseitigen Respekts der Staatsorgane vor ihren Handlungen als 
se W. JELLINEK S. 105. Daß dagegen offenbare Unsinnigkeit der Staats- 
handlung einen Nichtigkeitsgrund darstellt, hebt KOHLER, Lehrb. II, 143, 
treffend hervor. 
8° Ueber die scheinbare Ausnahme im Falle der Minderjährigkeitsvor- 
mundschaft über einen nicht entmündigten Volljährigen handelt der $ 9. 
88 Darüber W. JELLINEK S. 106 ff. 
8 Die Unhaltbarkeit der im Gemeinen Recht vielfach behaupteten 
exceptio sub vel obreptionis für das moderne Staatsrecht hat W. JELLINEK 
S. 107 ff. überzeugend dargetan; dazu auch KoRMAnN S. 221.
	        
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