Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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schaftsorgan den bindenden Befehl, im Bedürfnisfall die Bestel- 
lung vorzunehmen. Darüber hinaus geben sie — wie man aus 
der Stellung des Normenkomplexes im Privatrechtssystem schlie- 
ßen muß — dem Fürsorgebedürftigen ein subjektives Recht auf 
die Einsetzung des Vormundes, das auch der Minderjährige im 
Wege der Beschwerde geltend machen kann ($ 59 FGG.)!!°. Wäh- 
rend nun jede Verletzung des Gesetzesgebots durch den Privatmann 
einen beabsichtigten Rechtserfolg vereitelt, fallen die tatbestands- 
verändernden Handlungen des Richters der freiwilligen Gerichts- 
barkeit nieht sogleich in sich zusammen, wenn sie gegen die 
Norm verstoßen. Soweit ihm das Gesetz nur überhaupt einen 
bestimmten Rechtskreis zuweist, dem er durch seine Verfügungen 
die lebendige Verwirklichung zu geben hat, bewegen sich seine 
Anordnungen innerhalb des Rahmens der ihm zugewiesenen Macht- 
sphäre ganz neben den Gesetzesbestimmungen einher. Wo Ver- 
ügung und Gebot auseinandergehen, besteht nur die Möglichkeit, 
i Gesetzwidrigkeit durch Anfechtung zu beheben. Es wieder- 
holt sich hier im Kleinen, was uns bei der Gesetzgebung selbst 
im Großen entgegentritt: der auf einem Irrtum beruhende erklärte 
|Wille des Gesetzgebers erzeugt ein bindendes Gesetz, da das Er- 
klärte gewollt und das Gewollte erklärt ist!!! Wie hier ein 
neues Gesetz die einzige Quelle wie der Entstehung, so auch des 
Untergangs ist, so kann die ungerechtfertigte Verfügung lediglich 
durch eine neue Verfügung des handelnden Organs aufgehoben 
werden. Nur soweit ein bestimmter Personen- oder Sachenkreis 
für die Bestellung zum Vormunde dem Vormundschaftsrichter vom 
Gesetze ausdrücklich entzogen ist, wäre eine der positiven Ge- 
setzesbestimmung entgegenlaufende Vormundsernennung nich- 
tig!,. Denn eine Verfügung im verschlossenen Raum ist bedeu- 
tungslos. 8 1780 BGB., wonach bestimmte Personen nicht Träger 
110 Darüber unten $ 17; Jastrow, Kommentar, 4. Aufl. 1906 zu $ 59 
FGG. N. 1 (in GUTTENTAGsche Sammlung Nr. 46). 
ıı Vgl. v. Liszt, Lehrb. des Strafrechts $ 18 S. 97. 
112 KORMANN S. 228/230.
	        
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